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| Pressemitteilung

Spontane Winter-Expedition

„ElbeXtreme-Kampagne“ verfolgt die Hochwasserwelle der Elbe hinunter bis in die Nordsee und erhebt Daten

Die Hochwasserwelle, die seit den Weihnachtstagen die Elbe hinunter bis in die Nordsee gerollt ist, haben Forschende von vier Helmholtz-Zentren koordiniert verfolgt und beprobt – eine seltene Gelegenheit, die Auswirkungen auf das Gewässer zu erforschen. Die gewonnenen Daten werden helfen, künftige Risiken besser zu verstehen und Voraussagen treffen zu können. Auch das Helmholtz-Zentrum Hereon ist beteiligt.

Foto Awi Ingeborg Katharina Bußmann

Die Forschenden bewegten sich auf den Spuren des Hochwassers. Foto: AWI/ Ingeborg Bußmann

Den Zustand der Elbe von der Quelle bis zur Mündung untersuchen Helmholtz-Forschende im Rahmen des Messprogramms MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems – Modulare Beobachtungslösungen für Erdsysteme) seit einigen Jahren. Ab diesem Jahr soll mit dem neuen Projekt ElbeXtreme im Rahmen der Forschungsmission mareXtreme der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) der Fokus auf Extremereignisse gelegt werden.

Jetzt bot sich bereits vor dem Jahreswechsel die seltene Gelegenheit, die Untersuchungen während eines Hochwasserereignisses vorzunehmen. So wurde noch während der Weihnachtsfeiertage 2023 eine Ad-hoc-MOSES-Kampagne gestartet, die die Hochwasserwelle von der tschechischen Grenze bis zur Mündung in die Nordsee verfolgt und beprobt hat. Beteiligt sind das Helmholtz-Zentrum Hereon, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Die Fragestellung dabei: Wie verändern Extremereignisse wie ein Hochwasser die Zusammensetzung des Gewässers? Die Untersuchungen umfassten Messungen der Leitfähigkeit und der Wassertemperatur mit Sensorsonden. Parallel dazu wurden Wasserproben entnommen, die im Labor auf biogeochemische Parameter wie Kohlenstoffverbindungen, klimaaktive Gase, Nährstoffe, Mikroverunreinigungen, Metalle und Pigmente untersucht werden. Wie sich diese und andere im Flusswasser gelösten Bestandteile mit unterschiedlichen Wasserfrachten, zum Beispiel bei Hoch- und Niedrigwasser, verändern, ist noch stets eine der ungelösten Schlüsselfragen der Küsten- und Meeresforschung.

Von Bad Schandau bis nach Cuxhaven

Vom Beginn des Hochwassers Ende Dezember an verfolgten die Forschenden um Dr. Norbert Kamjunke vom UFZ von Land aus acht Tage lang den Scheitelpunkt der Hochwasserwelle: von Bad Schandau an der deutsch-tschechischen Grenze bis nach Lauenburg bei Hamburg. Der Zugang zum Fluss war wegen der Überflutung des Umlandes oft schwierig, so dass die meisten Proben von Brücken entlang des Flusslaufes genommen wurden.

Vom Sperrwerk in Geesthacht an übernahmen die Hereon-Forschenden das Monitoring der Flutwelle in der Tideelbe. Ihre Untersuchungen seien trotz der kurzfristigen Planung aktiv von der Hamburg Port Authority (HPA) und der Fährgesellschaft der Elbfähre Glückstadt-Wischhafen (FRS) unterstützt worden, was die gezielte Probenahme entlang des Tideflusses erst möglich gemacht habe, sagt Hereon-Physiker Dr. Götz Flöser.

Dem Süßwasser auf der Spur

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Der MOSES container – Grundlage für das Sammeln der Daten. Foto: GEOMAR/ Björn Raupers

Nach dem Eintreffen der Hochwasserwelle bei Cuxhaven an der Elbmündung Mitte Januar haben die Forschenden des AWI, die Beobachtungen fortgesetzt. Sie waren mit dem Forschungsschiff MYA II in der Elbmündung unterwegs, um die gleichen Inhaltsstoffe wie in der Elbe zu beproben.
Dann übernahm das GEOMAR den letzten Abschnitt: die Beprobung der Deutschen Bucht. Auf Helgoland wird die LITTORINA den vollausgestatteten MOSES-Labor-Container übernehmen. Der Container ist extra für das Projekt entwickelt worden und wird fertig aufgebaut von Schiff zu Schiff übergeben. Dadurch ist die Mess-Sensorik einheitlich.

Neben dem Salzgehalt wird das MOSES/ElbeXtreme-Team eine Woche lang an verschiedenen Stellen Proben für eine Vielzahl von Nähr- und Schadstoffen nehmen, darunter Spurenelemente und Quecksilber, aber auch Treibhausgase wie CO2 und Methan, die durch das Hochwasser in die Nordsee transportiert wurden. Außerdem werden DNA-Spuren von Organismen untersucht.

Es ist geplant, den weiteren Verlauf der Ausbreitung der Hochwasserwelle auch in den kommenden Wochen stichpunktartig in der Deutschen Bucht zu beproben. „Besonders interessant ist es zu verstehen, ob derartige Extremereignisse auch langfristige Effekte auf unser Küstensystem haben“ sagt Dr. Holger Brix, Leiter des MOSES/ ElbeXtreme Projekts am Hereon.

Die Forschung musste reagieren

Dass das Jahr 2024, in dem das Projekt ElbeXtreme startet, gleich mit dieser besonderen Datensammlung beginnt, ist aus Sicht der Wissenschaft eine große Chance. Dr. Ingeborg Bußmann, Projektleiterin am AWI: „Nach den vergangenen extremen Niedrigwassersituationen können wir unser Projekt nun mit der Erhebung eines noch nie dagewesenen Datensatzes von Hochwasserereignissen starten.“ Die gesammelten Daten werden dazu beitragen, zukünftige Risiken besser zu verstehen und verlässlichere Voraussagen treffen zu können.

Extreme Hochwasser- und Niedrigwasserereignisse werden wegen des Klimawandels in Zukunft wahrscheinlich häufiger auftreten. Forschende müssen daher verstehen, wie sich diese Ereignisse auswirken und welche Folgen sie für die Ökosysteme haben. Im Rahmen von ElbeXtreme werden Erkenntnisse über die Auswirkungen dieser Ereignisse auf sozio-ökologische Systeme gesammelt und in Abstimmung mit den Stakeholdern Anpassungs- und Eindämmungsoptionen entwickelt.

Hintergrund

MOSES steht für „Modular Observation Solutions for Earth Systems“. In dieser vom UFZ koordinierten Initiative haben neun Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft zwischen 2017 und 2021 gemeinsam mobile und modular einsetzbare Beobachtungssysteme aufgebaut, um die Auswirkungen von zeitlich und räumlich begrenzten dynamischen Ereignissen wie extremen Niederschlags- und Abflussereignissen oder Dürren auf die langfristige Entwicklung von Erd- und Umweltsystemen untersuchen zu können.

Das vom GEOMAR koordinierte Projekt ElbeXtreme wird ab diesem Jahr die Auswirkungen von physikalisch-ozeanographischen Extremereignissen auf die Ökosystemleistungen im Elbeästuar untersuchen. Es ist Teil der Forschungsmission „Wege zu einem verbesserten Risikomanagement im Bereich mariner Extremereignisse und Naturgefahren (mareXtreme)“ der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM), einem Zusammenschluss der deutschen Meeresforschung mit dem Bund und den norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Weitere Informationen


Website GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Website Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) Website Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Website Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) Website MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems – Modulare Beobachtungslösungen für Erdsysteme) Website Hereon-Institut für Kohlenstoff-Kreisläufe

Kontakt


Dr. Holger Brix

Abteilungsleiter Globale Küste

Institut für Kohlenstoff-Kreisläufe

Tel: +49 (0) 4152 87-1523

E-Mail Kontakt

Christoph Wöhrle

Wissenschaftsredakteur

Kommunikation und Medien

Tel: +49 (0) 4152 87-1648

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