Hereon holt Lauenburg ins Boot
Die schleswig-holsteinische Hitzler-Werft aus Lauenburg hat im Vergabeverfahren den Auftrag des Helmholtz-Zentrums Hereon für den Bau eines neuen Forschungsschiffes erhalten. Die LUDWIG PRANDTL II – so der vorläufige Name – kostet rund 15 Millionen Euro und wird aus Bundesmitteln finanziert. Die Auslieferung ist im Frühjahr 2024 vorgesehen. Küstenforschung, Wasserstofftechnologien, Membranforschung, und Digitalisierung – all diese Forschungsbereiche werden beim Bau und bei der späteren Nutzung mit einbezogen.
Vertragsunterzeichnung. Vrnl: Klaus Linde (Prokurist der kaufmännischen Geschäftsführung, Hereon), Prof. Matthias Rehahn (Wissenschaftlicher Geschäftsführer, Hereon), Volker Dzaak (Projektleiter Ludwig Prandtl II, Hereon), Kai Klimenko (Geschäftsführer Hitzler Werft) und Marek Klimenko (Geschäftsführer Hitzler Werft). Foto: Hereon/ Steffen Niemann
„Gerade das interdisziplinäre Zusammenwirken unserer Forschungsfelder zeichnet uns als Zentrum aus und macht deshalb auch das Schiffskonzept so besonders. Das Schiff wird eine weltweit einzigartige Innovationsplattform, die der Umweltforschung und als Wegbereiter für eine umweltfreundlichere Schifffahrt dient“, sagt Prof. Matthias Rehahn, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Hereons.
Über alle Disziplinen hinweg entwickelt
Das Hereon entwickelte unter anderem technische Lösungen, mit denen man die Schadstoffe aus Motoren minimieren kann, die von der Verbrennung von Schweröl und Diesel entstehen. Das geschieht durch die Aufbereitung der Ladeluft mit Membranen. Zusätzlich werden Technologien für Wasserstoff als Energieträger etabliert. Das neue Schiff fährt somit in Teilen emissionsfrei und wird von den flachen Flüssen und Mündungen bis ins offene Meer unterwegs sein. Bei der Erprobung des Wasserstoffs arbeitet das Hereon eng mit dem DLR-Institut für Maritime Energiesysteme zusammen.
„Die Meere und Ozeane sind die größten Wärme- und CO2-Senken unseres Planeten. Wenn wir den Klimawandel effektiv bekämpfen wollen, müssen wir sie noch besser verstehen. Ich freue mich deshalb sehr, dass der Bau des Forschungsschiffes LUDWIG PRANDTL II nun starten kann. Dieses hoch innovative Schiff wird uns helfen, verbliebene Wissenslücken zu schließen. Gleichzeitig zeigt es Wege zu einem nachhaltigen und umweltfreundlichen Schiffsbetrieb auf und beschreitet mit der Digitalisierung von Messdaten neue Wege. Das Schiff reiht sich ein in die moderne deutsche Forschungsflotte, zu der künftig auch die METEOR IV als gemeinsames Nachfolgeschiff für die Forschungsschiffe METEOR und POSEIDON und der noch zu bauende Forschungseisbrecher POLARSTERN II gehören werden. Diese Neubauten sind wichtige Investitionen in den Klimaschutz und innovative Technologieträger zugleich“, sagt Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung.
Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus. Foto: Hereon/ Steffen Niemann
Das neue Schiff analysiert etwa auch, welche Nähr- und Schadstoffe von den Flüssen ins Meer transportiert werden oder wie sich die Offshore-Windkraft auf die Umwelt auswirkt. Der Klimawandel als zentrales Thema wird interdisziplinär erforscht. Dass dies nun auch mit Know-how aus der Region passiert, freut die schleswig-holsteinische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Julia Carstens: „Die Hitzler-Werft geht aus ihrer Geschichte heraus oft an völlig neu gedachte Projekte heran. Dass nun auch das neue Schiff des Hereons dort gebaut wird, ist ein gutes Signal an Lauenburg und die ganze Region. Innovation und traditionelles Handwerk ergänzen sich.“
Hintergrund
Die vorgesehenen Daten des Schiffes: Eine Länge von 29,90 Metern, 8 Meter Breite, 6,5 Meter Durchfahrthöhe und ein Tiefgang von 1,6 Metern. Die Besatzung wird aus zwei bis drei Personen bestehen, während 12 Forschende gleichzeitig auf dem Schiff Platz finden. Diese können eine Laborfläche von rund 47 m² und eine Fläche auf dem Arbeitsdeck von 70 m² nutzen. Die Maximalgeschwindigkeit wird 12,8 Knoten betragen, bei einer Maschinenleistung von 750 kW.
Schon als Modell der Stolz der Hereon-Mitarbeiter: die LUDWIG PRANDTL II Foto: Hereon/ Steffen NIemann
„Unserer Werft, gegründet 1885, lebt von ihrer Tradition und der stetigen Freude an der Innovation. Deshalb ist die LUDWIG PRANDTL II ein besonderer Auftrag für uns, ein echtes Herzensprojekt mit Technik und Schiffbau aus Schleswig-Holstein. So ein Konzept ist einzigartig, weil es die Erforschung der Gewässer mit Ideen für eine ,grünere‘ Schifffahrt verbindet. Ein hybrider Antrieb aus Diesel und Wasserstoff etwa – das ist für uns in der Umsetzung neu und reizvoll zugleich“, sagt Kai Klimenko, Geschäftsführer der Hitzler-Werft.
Die Planung hat das Hereon mit dem Hamburger Planungsbüro Technolog Services GmbH (TLS) umgesetzt. Die LUDWIG PRANDTL II wird Labore für die Küstenforschung, Wasserstofftechnologie (Brennstoffzellen und Metallhydrid-Speichertanks) und die Erprobung von Membranmodulen zur Abgasreinigung erhalten. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat bereits im November 2020 die Unterstützung des Neubaus mit rund 13,5 Millionen Euro bewilligt.
Welchen Namen das Schiff beim Stapellauf 2024 tragen wird, steht noch nicht fest. Er soll im Rahmen eines internen Ideenwettbewerbes im Helmholtz-Zentrum Hereon noch gefunden werden.
Hinweis
Am 16.12.22 wurde im Rahmen eines internen Wettbewerbes unter den Hereon-Mitarbeitenden der zukünftige Name des neuen Forschungsschiffes gefunden. Das Schiff wird „Coriolis“ heißen. Der ausgewählte Name geht auf den Mathematiker und Physiker Gaspard Gustave de Coriolis (1792–1843) zurück und ersetzt damit den bis dato genutzten Arbeitstitel „Ludwig Prandlt II“.
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