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Offshore Windparks

Windpark in der Nordsee

Windpark in der Nordsee (Photo: Matthias Krüger / Hereon)

Entwicklung der Offshore-Windenergie - ein Fall für die Küstenforschung

In den letzten zehn Jahren hat die Entwicklung von Offshore-Windparks in der Nordsee erheblich zugenommen. Ende 2021 hat die Kapazität in der Nordsee eine Gesamtkapazität von 22,5 GW erreicht. Bis 2030 wird die Gesamtkapazität der Offshore-Windenergie voraussichtlich 120 GW und bis 2050 300 GW betragen.
Diese rasche Umwandlung, insbesondere der südlichen Nordsee, in eine Energie-Meereslandschaft birgt Konfliktpotenzial mit anderen Nutzungssektoren wie Fischerei und Tourismus und könnte gleichzeitig Naturschutzmaßnahmen beeinträchtigen, die durch nationale und internationale Gesetze festgelegt sind.
Das Helmholtz-Zentrum Hereon untersucht daher die physikalischen, biogeochemischen und ökosystemare Auswirkungen sowie soziale und planerische Aspekte des Offshore-Windpark Ausbaus.

Verschiedene Aspekte unserer Forschung

Windparkplanungen

Positionen von geplanten Windparks

Positionen von geplanten Windparks (rote Punkte) in der Nord- und Ostsee in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Deutschlands (blau), für deren Planungen Daten aus coastDat herangezogen wurden. (Grafik: Ulrike Kleeberg, Elke Meyer / Hereon)

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Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee, aufgelistet im Europäischen Meeresbeobachtungs- und Datennetz (EMODnet) (Grafik: A. Elizalde / Hereon)

Es gibt umfangreiche Wechselwirkungen zwischen Offshore-Windparks und der Umwelt, die uns vor Herausforderungen stellen und Einschränkungen in ihrer Nutzbarkeit mit sich bringen.
Letzteres wurde in mehreren Hereon-Studien unter Verwendung der coastDat-Datenbank untersucht. So wurde beispielsweise eine Klimatologie der Windenergie über der Nordsee entwickelt, die auch potentielle Synergien verschiedener Windpark-Anordnungen berücksichtigt. Insbesondere werden die meteorologischen Daten von coastDat von fast allen geplanten und bereits in Betrieb befindlichen Offshore-Windparks innerhalb der Deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone zur Optimierung des Designs und der Logistik genutzt.

Für weitere Informationen können Sie die coastDat Broschüre herunterladen.

Die Verringerung der Windgeschwindigkeit innerhalb von Windfarmen kann auch bei benachbarten Windparks zu einer Verringerung der Kapazitäten führen. Dies hat einen Anstieg der Energieerzeugungskosten und wirtschaftliche Verluste zur Folge und muss in der Planungsphase berücksichtigt werden.

Mean wind speeddeficit  for 2008-2017

Reduction of windspeed at hub height due to windfarms. (Graphic: N.Akhtar / Hereon)

Publikationen

Windabnahme durch Turbinen

Windgeschwindigkeitsanomalien durch Windparks mit einer installierten Leistung von 150 GW, modelliert mit einem regionalen Klimamodell: halbtransparente dunkelblaue (-2 m/s) und bräunliche (+2 m/s) Farben. Die Farben an der Meeresoberfläche stellen die Veränderungen des latenten Wärmeflusses dar. (Animation: A. Elizalde / Hereon, M. Böttinger / DKRZ

Bild von Radarsatellit Sentinel-1

Das Bild des Radarsatelliten Sentinel-1 zeigt die großräumige Windschleppe des Windparks DanTysk (links) und ein vom marinen Radar des Hereon aufgezeichneten Windfelds in dem Gebiet (markiert per kleinem Kreis). (Grafik: Jochen Horstmann / Hereon)

Windräder entziehen einem Windfeld Dynamik und fügen gleichzeitig Turbulenzen hinzu. Diese Windströme sind in Radarfernerkundungsdaten sichtbar und zeigen die Abhängigkeiten der Ströme von der Größe und Höhe der Windkraftanlage und der Größe des Windparks. Die Windströme sind bis zu hundert und mehr Kilometer groß.

Durch den Vergleich der von den SENTINEL-1- und TerraSAR-X-Satelliten erfassten Daten mit Daten aus SAR-Radaren und Profilmessungen auf der FINO-1-Forschungsplattform wurde gezeigt, dass die Wirbeltiefe mit atmosphärischer Stabilität zunimmt. Die Beobachtungen zeigen zudem, dass die Länge der Strömungen mit atmosphärischer Stabilität, hervorgerufen durch reduzierte vertikale Impulsflüsse, wächst.

Zusätzliche Studien wurden durchgeführt, um die Interaktion von Windströmen verschiedener Windparks in der Deutschen Bucht zu analysieren. Die Auswirkungen einzelner Windturbinen auf die Wind- und Reibungsgeschwindigkeit wurden mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung mit Hereon-Marineradaren beobachtet, die starke Scherungszonen der Windgeschwindigkeit über den einzelnen Windströmen zeigen.

Publikationen

Wechselwirkung Wind-Ozean

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Veränderungen der Oberflächenwindgeschwindigkeit durch Offshore-Windparks (A) und ihre Auswirkungen auf den vertikal gemittelten horizontalen Volumentransport (B) im Jahresmittel.

Die Energiegewinnung aus Offshore-Windressourcen verringert die Windgeschwindigkeit stromabwärts von Offshore-Windkraftanlagen. Die daraus resultierenden Windströme beeinflussen die oberflächennahen Winde, was sich auf windgetriebene Prozesse im Ozean wie Oberflächenströmungen, Temperaturaustausch oder Durchmischung der Oberflächenschicht auswirkt. Bei großen Offshore-Anlagen führen Windsog-Effekte nachweislich zu großräumigen Veränderungen des horizontalen Transports und der Dichteschichtung im Ozean, was die regionale Hydrodynamik in Schelfmeeren wie der Nordsee beeinflusst.

Die biogeochemischen Prozesse in den marinen Ökosystemen der unteren Trophie werden stark von den vorherrschenden physikalischen Bedingungen bestimmt. Daher wirken sich die durch Windströme verursachten hydrodynamischen Störungen direkt auf die Ökosystemdynamik aus und beeinflussen zum Beispiel den vertikalen Nährstofftransport, die Primärproduktion oder die lokale Biomasse.

Regionale und hochauflösende Modelle werden verwendet, um die Auswirkungen eines veränderten Windfeldes auf die Hydro- und Ökosystemdynamik in der Nordsee zu untersuchen. Dazu gehören sowohl gekoppelte physikalisch-biogeochemische Modelle als auch flexible Modelle mit unstrukturierten Gittern.

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Relative Veränderungen in der jährlich und vertikal gemittelten Phytoplankton-Biomasse aufgrund von atmosphärischenTurbinenströmungen

Publikationen

Windböen

Windböen Nordsee per Oberflächenradar

SuMit dem Oberflächenradar erfasste Windfelder (im Abstand von 120 Sekunden) einer Windböe, die sich in Richtung der Offshore-Plattform Fino-3 in der Deutschen Bucht ausbreitet (Grafik: Jochen Horstmann / Hereon)

Für eine verbesserte vorausschauende Steuerung von Offshore-Windparks hat Hereon ein System zur kurzfristigen (30 bis 60 Sekunden) Vorhersage von Windgeschwindigkeit und Böen entwickelt. Windfelder werden aus Seeradar-Bildsequenzen abgerufen, um Windböen zu identifizieren und ihre Größe, Ausbreitungsgeschwindigkeit und -richtung abzuschätzen.

Sedimentkonzentrationen von Schwebstoffen

Momentaufnahmen der Oberflächensedimentkonzentration von Schwebstoffen für ein Modell-Bassin mit einer Tiefe von 21,6 m (Grafik: Sebastian Grashorn / Hereon)

Zur Untersuchung der von Masten von Offshore-Windkraftanlagen erzeugten Wirbel wurde ein unstrukturiertes Gitterozeanmodell (SCHISM) verwendet. Es wurde gezeigt, dass das Modell in der Lage ist, Merkmale der Schwebstoffkonzentration zu reproduzieren, die zuvor in optischen Satellitenbildern beobachtet wurden.

Durch die Erzeugung von Turbulenz im Wasser können Offshore-Windparks einen wesentlichen Einfluss auf die Sedimentdynamik haben. Eine höhere Turbulenzenergie hinter den Pfählen verursacht eine erhöhte vertikale Durchmischung und kann daher zu höheren Sedimentkonzentrationen nahe der Meeresoberfläche führen.

Dieser Effekt wurde erfolgreich mit dem unstrukturierten Gittermodell SCHISM simuliert, das am Hereon läuft. Das Modell ist für diese Anwendung gut geeignet, da es kleinskalige Prozesse in der Nähe der Masten unter Verwendung eines feineren Rechengitter in dieser Region auflösen kann. Die im Bild gezeigten Wirbel erhöhter Oberflächensedimentkonzentrationen werden durch die für die Deutsche Bucht typischen Gezeitenströmungen angetrieben.

Publikationen

Turbulenz im Ozean

Details aus einer Large Eddy Simulation

Turbulentes Geschwindigkeitsfeld im Schatten einer zylindrischen Struktur einer Windkraftanlage. Das Bild zeigt einen einzelnen Moment einer Large Eddy Simulation mit Blick von oben auf die Wasseroberfläche, wobei sich die Strömung von links nach rechts an der kreisförmigen Struktur vorbei bewegt. Blau zeigt eine starke Strömung an, rot eine schwache Strömung (Grafik: Jeff Carpenter / Hereon)

Turbulenz im Ozean wird durch die Wechselwirkung von Gezeitenströmungen und Offshore-Windfarm-Strukturen verursacht. Sie bieten ein zusätzliches Durchmischungspotenzial für die saisonale Schichtung, die sich in weiten Teilen der deutschen AWZ bildet. Auf diese Weise können großflächige OWF-Konstruktionen einen erheblichen Einfluss auf die Schichtung der Nordsee haben.

Die derzeitige Arbeit konzentriert sich auf das Verständnis und die Quantifizierung des lokalisierten Vermischungsprozesses eines einzelnen OWF-Fundaments mithilfe von Large-Eddy-Simulationen und In-situ-Messungen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Turbulenz in der unteren Sprungschicht durch OWFs verstärkt werden dürfte.

Zusätzlich zu den hochauflösenden Large-Eddy-Simulationen werden regionale Ozeanmodelle verwendet, um die Auswirkungen der Vermischungsprozesse auf die Schichtung der Nordsee zu verstehen. Durch die Parametrisierung des Luftwiderstands und der Turbulenz, die von Monopiles erzeugt werden, haben jüngste Arbeiten gezeigt, dass die Auswirkungen der Fundamente weit über die Turbinenstandorte hinausgehen und die Sommerschichtung über große Gebiete in der Deutschen Bucht beeinflussen können.

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Veränderungen der sommerlichen Schichtung aufgrund von induzierten Turbulenzen durch Offshore-Windparkstrukturen in der Deutschen Bucht. Die potentielle Energieanomalie ist ein Maß für die Intensität der vertikalen Dichteschichtung der Wassersäule.

Publikationen

Chemische Umweltauswirkungen

Schwermetallkonzentrationen im Sediment von Windparks und der Deutschen Bucht

Bildunterschrift: Erste Ergebnisse der Kartierung von Schwermetallkonzentrationen im Sediment der Umgebung von Windparks und Vergleichsgebieten in der Deutschen Bucht. (Grafik: Ulrike Kleeberg, Daniel Pröfrock / Hereon)

Der groß angelegte Bau von Offshore-Windparks kann durch die Einführung neuer Verschmutzungsquellen Auswirkungen auf die Meeresumwelt haben. Beispiele sind die stahlverstärkten Fundamente, Ausspülschutz durch sandgefüllte Geotextilsäcke, Korrosionsschutzmaßnahmen (Beschichtungen, Anoden) für Pfahlschutz, oder auch ganz normale Wartungsarbeiten.

Geotextilien, die als Ausspülschutz fungieren, sind durchlässige Stoffe und basieren hauptsächlich auf Polyethylen oder Polypropylen. Diese Gewebe enthalten typischerweise Kunststoffadditive wie Weichmacher, UV-Stabilisatoren und Flammschutzmittel. Da diese Zusatzstoffe nicht chemisch an das Kunststoffmaterial gebunden sind, werden sie vom Meerwasser ausgewaschen und/oder reichern sich in Tieren und besiedelnden Pflanzen an.

Aktuelle Forschungen in Kooperation mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie konzentrieren sich auf mögliche Verschmutzungen durch Opferanoden und Oberflächenbeschichtungen, die zum Korrosionsschutz von Offshore-Windkraftanlagen eingesetzt werden. Diese Untersuchungen liefern wichtige Informationen für die Konstruktionsvorgaben und das Genehmigungsverfahren für neue Windparks durch das Bundesamt für Seeschifffahrt.

Ökosystemveränderungen

Veränderungen der Phytoplankton Biomasse nahe Windparks (Simulation)

Simulierte Veränderungen der Phytoplankton-Biomasse, die durch die epistrukturelle Filtration der Miesmuschel Mytilus edulis in neu geschaffenen Lebensräumen auf den Pfählen von Offshore-Windparks erwartet werden. (Grafik: Carsten Lemmen / Hereon)

Der Aufbau von Offshore-Windparks schafft neue harte Oberflächen in der Wassersäule, die ein bevorzugter Lebensraum für die Miesmuschel (Mytilus edulis) ist. Diese Miesmuscheln filtern Phytoplankton (Algen) aus dem Wasser und machen das Wasser dadurch klarer.

Computersimulationen der südlichen Nordsee zeigen, wie viel klarer das Wasser sein könnte, wenn alle Pfähle von geplanten Offshore-Windparks von Miesmuscheln besiedelt würden. Schätzungsweise 10 % der Algen würden durch die Filtration dieser epistruktiven Miesmuscheln in oder in der Nähe der Windparks entfernt, und es würden aufgrund von Sekundäreffekten, wie z. B. einer höheren Nährstoffverfügbarkeit im Lee der Offshore-Windparkgebiete, bis zu 10 % mehr Algen erwartet.

Publikationen

Gesellschaftliche Wahrnehmung

Gesellschaftliche Wahrnehmung Windparks

Von Anwohnern angeführte Argumente für Offshore-Windparks an der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste. (Grafik: Kira Gee, Andreas Kannen / Hereon)

Ein Vergleich dieser Argumente mit den persönlichen Werten, Überzeugungen und der Wahrnehmung des Gebiets durch die Befragten zeigt unterschiedliche Argumentationsmuster auf, die verschiedene Kommunikationsstrategien von Planern und Investoren im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren erfordern.

Die Analyse der soziokulturellen Perspektiven auf Offshore-Windparks trägt somit zu einem besseren Verständnis von Widerstand, Akzeptanz und Unterstützung durch Anwohner und bestimmte Akteursgruppen bei. Die Ergebnisse werden von den Hereon-Forschern in methodische Vorschläge zur Verbesserung der maritimen Planung und des Managements, z.B. durch die Skizzierung eines Konzepts zur Anerkennung kulturell bedeutsamer Gebiete, und in die internationale Ausbildung in der maritimen Raumplanung umgesetzt.

Publikationen