Mit Magnesium aufs Treppchen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Hereon unterstützen in enger Zusammenarbeit mit dem zentrumseigenen Technikum den Studierendenverein e-gnition Hamburg e.V. mit Leichtbauteilen für die Konstruktion ihrer Formelrennwagen. Das umweltfreundliche Elektroauto „egn23“ tritt in dieser Saison bei verschiedenen internationalen Wettbewerben an, unter anderem bei der renommierten Formula Student Germany.
Der "egn23" beim Vorbereitungs-Event "VDE E-Race" für die Saison 2023. Foto: e-gnition/ Timon Suhk
Magnesium gilt als eines der Schlüsselelemente im Leichtbau – vor allem in der Mobilität. Eine leichtere Karosserie bedeutet weniger Energieverbrauch bei gleicher Leistung. Dieses Prinzip nutzen die Studierenden des e-gnition Hamburg e. V. für den Bau ihrer Formelrennwagen bereits seit über 10 Jahren. Seitdem greifen die zukünftigen Ingenieurinnen und Ingenieure auf die Expertise des Hereons zurück und lassen im Technikum des Zentrums ausgewählte Bauteile als Spezialanfertigung aus Magnesium-, Aluminiumlegierungen und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff herstellen. Dabei fertigt das Hereon die Bauteile nicht nur, sondern entwickelt in seinen Instituten für Materialforschung neue Legierungen und Materialkombinationen. So entstehen beispielsweise Magnesiumlegierungen, die höheren Anforderungen gerecht werden. Und das mit Erfolg: Der elektrische Rennwagen „egn22“ hat es im vergangenen Jahr auf Wettkämpfen in Ungarn, Österreich und Deutschland in diversen Kategorien aufs Treppchen geschafft.
Vom Block zum Bauteil
Die Formula Student ist der weltweit größte internationale Engineering-Design Wettbewerb. Das Konzept der Rennwagen wird jede Saison überarbeitet und ein komplett neues Auto gebaut. In Kick-Off Meetings mit den jeweiligen Hereon-Instituten werden die gesponserten Bauteile besprochen, so dass die technischen Zeichnungen die Hereon-Techniker meist Anfang des Jahres erreichen. Sie erstellen auf dieser Grundlage eine digitale 3D-Version des Bauteils, welche mit hochmodernen Maschinen in einem Stück präzise aus dem Material gefräst beziehungsweise zerspant wird. Aufgrund seiner Materialeigenschaften muss Magnesium unter speziellen Schutzmaßnahmen bearbeitet werden.
„Bei der Verarbeitung des Materials ist besonders die Vermeidung von Funkenbildung und Späneansammlungen außerhalb der dafür vorgesehenen Lagerbehälter entscheidend – Denn Magnesium kann sich spontan am Luftsauerstoff entzünden. Nur die richtigen Maschinen, extra dafür geschultes Personal und eine entsprechende Ausrüstung erlauben uns eine sichere Bearbeitung von Magnesium“, erklärt Felix Krüger, ein Verantwortlicher für die Projektlenkung im Technikum.
Zurück in der Studierenden-Werkstatt werden die Bauteile eingesetzt und getestet. Für den elektrischen Rennwagen „egn23“ der aktuellen Saison hat das Hereon eine neue Radnabe, ein Lenkgehäuse und 120 Inserts – davon 14 verschiedene Arten – angefertigt. Letztes Jahr waren 12 der 14 Insert-Arten noch aus Aluminium.
„Die Inserts aus dem Helmholtz-Zentrum Hereon sind für die Funktionsfähigkeit unseres Monocoques unerlässlich und damit ein wichtiger Bestandteil unseres Wagens. Durch den Austausch unserer bisher verbauten Aluminium-Inserts mit Äquivalenten aus Magnesium konnten wir ganze 32 % des Gewichtes einsparen“, freut sich Sascha Behrendt, mechanische Technikleitung bei e-gnition.
Das Lenkgehäuse aus Magnesium in der Studierenden-Werkstatt beim Zusammenbau. Foto: e-gnition/ Torben Salihi
Inserts sind Wasserstrahlteile welche in das Karbon – Monocoque, also die Karosserie des Rennwagens, eingearbeitet werden. Da eine konventionelle Schraubverbindung in Karbon nicht einfach zu realisieren ist, dienen die Inserts als Befestigungspunkt für dynamisch und statisch belastete Baugruppen wie beispielsweise dem Fahrwerk. Magnesiumwerkstoffe sind hier optimal geeignet, weil sie sich leicht spanend bearbeiten lassen. Zusätzlich sind die Bauteile durch das Einkleben in das CFK - Monocoque weitestgehend vor äußeren Umwelteinflüssen und einer einhergehenden Korrosion geschützt.
Der „egn23“ hat bereits seine ersten Rennen hinter sich: Auf dem Formula Student East (FSEast) in Ungarn holte der Wagen ganze acht Titel, darunter der 3. Platz in der Kategorie „Electric Overall“ und der 2. Platz in „Driverless Overall“. Jetzt befindet sich das Team in der Vorbereitung zur Formula Student Germany, das nächste Woche auf dem Hockenheimring startet.
Das Technikum
Für Hereon-Forschende ist das Technikum zentraler Ansprechpartner für Konzeption, Entwicklung und Bau wissenschaftlicher Geräte und Komponenten. Ein breites Spektrum modernster Entwicklungswerkzeuge, Fertigungstechnologien und messtechnischer Ausstattung ermöglicht dem interdisziplinären Team die Erstellung vielseitiger und anspruchsvoller Produkte.
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