Stummelfüßer-Gehirn in HD
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Stummelfüßer-Gehirne in HD

Eine Hereon-Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel liefert neue Erkenntnisse über die Evolution der Panarthropoden

Zoologen der Universität Kassel entwickelten in Kooperation mit Dr. Jörg Hammel vom Helmholtz-Zentrum Hereon eine 3D-Rekonstruktion des Nervensystems eines Stummelfüßers, anhand von Computer Tomographie Daten. Die Aufnahmen erscheinen in einmaligem Detailreichtum, wodurch die Forschenden bislang unentdeckte Strukturen erkennen konnten. Mithilfe eines neuentwickelten Glossars kartierten und charakterisierten sie die neuroanatomischen Strukturen bis ins kleinste Detail.

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Stummelfüßer Euperipatoides rowelli. Foto: Universität Kassel /C. Martin

Stummelfüßer (Onychophoren) sind in tropischen und gemäßigten Wäldern beheimatet. Diese erstrecken sich auf der südlichen Hemisphäre sowie rund um den Äquator. Die wirbellosen Tiere sind häufig fünf Zentimeter lang und ihr Körperbau hat sich erstaunlich wenig gewandelt in den letzten 300 Millionen Jahren. Die Stummelfüßer sind verwandt mit der weltweit artenreichsten Tiergruppe, den Gliederfüßern. Spinnen, Hundert- und Tausendfüßer, Krebstiere und Insekten sind den Gliederfüßern zuzuordnen.

Evolutionskünstler

Im Auftrag neue Erkenntnisse über die Evolution der Gliederfüßer zu gewinnen, haben die Stummelfüßer eine entscheidende Position. Denn, das erfolgreiche Überleben dieser unzähligen Gliederfüßer-Arten hängt mit der Segmentierung ihres Körpers zusammen, wie die Forschenden vermuten. Segmentierung meint die Unterteilung des Körpers in gleiche Einheiten, bei den Gliederfüßern ist jedoch auch das Nervensystem segmentiert. Ziel der Untersuchung der verwandten Arten war es, die zeitliche Entwicklung von Organsystemen über eine längere Periode näher zu beleuchten.
An der Außenstelle des Hereon am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY wurden Aufnahmen mithilfe von Röntgen-Mikro-Computertomographie erstellt. Hammel erklärt: „Die Computer Tomographie am Synchrotron liefert ebenso wie man es vielleicht aus dem Krankenhaus kennt ein dreidimensionalen Bilddatensatz des untersuchten Objekts. Dass besondere der Mikro CT am Synchrotron ist unter anderem, dass sie eine außerordentlich hohe Ortsauflösung liefert und gleichzeitig sehr ähnliche Materialien unterschieden werden können. Für die Untersuchten Gehirne der Stummelfüßer bedeutet dies, dass funktionale Bereiche des Nervensystems anhand der unterschiedlichen Dichte von Nervenzellen unterschieden werden können.“ Die Analyse des Nervensystems entstand insgesamt unter einem breitem Spektrum von bildgebenden Verfahren wie Histologie, Immunhistochemie und hochauflösende konfokale Mikroskopie. Folglich konnte ein dreidimensionales Modell des Nervensystems erstellt werden und ein dazu passendes Glossar dessen Anatomie.

Durch die Studie wird die These unterstützt, dass Gliederfüßer und Stummelfüßer beide Eigenschaften in bestimmten Hirnarealen haben, die auf neuroanatomische Strukturen zurückgehen, die bereits bei ihrem letzten gemeinsamen Vorfahren existierten (Homologien). Die Verarbeitung von Gerüchen (in den Riechlappen) habe sich jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit in beiden Gruppen selbständig entwickelt, heißt es in der Pressemitteilung der Universität Kassel. Dies ist nur ein Teil der Ergebnisse, die die Analyse zum Vorschein gebracht hat. Eine detailliertere Abhandlung ist in der Pressemitteilung der Universität Kassel zu finden, auf welcher dieser Text basiert.

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