Norddeutschland: Wo bleibt die Sturmflut?
Die Menschen an der Küste leben schon immer mit der Sturmflutgefahr und schützen sich mit Deichen davor. Doch durch den menschgemachten Klimawandel ist der Meeresspiegel im letzten Jahrhundert weltweit etwa 20 Zentimeter angestiegen. Damit steigt langfristig auch das Risiko durch Sturmfluten. Dieses Jahr scheint es bisher ungewöhnlich ruhig zu sein. Ob sich die Sturmfluten an den deutschen Küsten durch den Klimawandel schon verändert haben, zeigt online der Sturmflutmonitor.de des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG).
Sind die Wasserstände außergewöhnlich hoch?
Die aktuelle Sturmflutsaison in der Nordsee begann zunächst relativ ruhig, bis dann an im Zusammenhang mit der Sturmlage um Tief Sabine Anfang Februar in sehr kurzer Zeit je nach Pegel drei bis fünf Sturmfluten kurz nacheinander auftraten. Damit sind in der aktuellen Saison bisher mehr Sturmfluten als normalerweise (im langjährigen Mittel) aufgetreten. Im Vergleich zu früher (1961-1990) ist die Anzahl der Sturmfluten jedoch nicht ungewöhnlich.
Das Sturmtief Sabine hat zudem die bisher höchsten Wasserstände in dieser Saison hervorgerufen. Sturmfluten dieser Höhe sind bei uns je nach Pegel etwa einmal alle drei bis acht Jahre zu erwarten.
An den Ostseepegeln Warnemünde und Travemünde trat bisher in der laufenden Saison nur eine Sturmflut auf, die lediglich Wasserstände knapp über der Sturmflutmarke erreichte. Dieses entspricht in etwa dem, was wir im langjährigen Mittel dort erwarten würden.
Ist es normal, dass die hohen Wasserstände so lange andauern?
Mittlere Dauer und Intensität der Sturmfluten sind in dieser Saison bisher nicht ungewöhnlich
Hat sich der Klimawandel bereits auf die Sturmfluten ausgewirkt?
Sturmfluten laufen in der Nordsee höher auf. Die Anzahl, vor allem der leichten Sturmfluten hat zugenomen.
Foto: tk_fotodesign - Fotolia
Mit dem Herbst beginnt die stürmische Jahreszeit und die Sturmfluten haben Saison. Normalerweise. Doch in dieser Saison scheint es bisher ungewöhnlich ruhig an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Normalerweise tauchen vor dem Hintergrund des Klimawandels mit jeder Sturmflut Fragen auf: Waren die Wasserstände außergewöhnlich hoch? Ist es normal, dass die hohen Wasserstände so lange andauern? Dieses Jahr gibt es andere Stimmen: Das Wetter wird immer unberechenbarer und auf Jahreszeiten ist kein Verlass mehr. Der Herbst ist stürmisch und bringt erste Sturmfluten hervor, doch wo bleiben sie dieses Jahr? Ist das der Klimawandel? Antworten darauf gibt es auf einer neuen Website: Unter www.sturmflutmonitor.de gibt es tagesaktuelle wissenschaftliche Einordnungen des Stumflutgeschehens.
„Mit wenigen Klicks wird ersichtlich, ob und inwiefern aktuelle Sturmfluten und der Verlauf der jetzigen Saison als außergewöhnlich zu bewerten sind“, erklärt Dr. Insa Meinke, Leiterin des Norddeutschen Küsten- und Klimabüros am HZG. Gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung Küstenklima, Dr. Ralf Weisse, hat sie das frei zugängliche Online-Tool entwickelt. Anhand der Wasserstandshöhe und deren Verlauf wird gezeigt, ob aktuelle Sturmfluten und die laufende Saison ungewöhnlich sind oder ob es ähnliche Wasserstände bereits vorher gegeben hat. Außerdem werden die Sturmfluten, die aktuell während der stürmischen Jahreszeiten auftreten, gezählt und mit der Zahl vorheriger Jahre verglichen.
Sturmflutmonitor.de vergleicht und bewertet
Dr. Insa Meinke. Foto: HZG/Torsten Fischer
Wasserstände höher als 1,50 Meter über dem mittleren Tidehochwasser werden an der deutschen Nordseeküste als Sturmfluten gewertet. Sowohl Höhe als auch Häufigkeit von Sturmfluten haben im letzten Jahrhundert an den meisten Nordsee-Pegeln hauptsächlich in Folge des beobachteten Meeresspiegelanstiegs zugenommen. In dieser Saison wurden bisher an einzelnen Pegeln ein bis maximal zwei Sturmfluten gezählt. Die Höhe dieser Sturmfluten lag nur knapp über der Höhe, ab der Wasserstände als Sturmfluten gewertet werden.
Die Auswertungen auf sturmflutmonitor.de zeigen, dass dieses bisher ein normaler Verlauf einer Sturmflutsaison ist.
Dr. Ralf Weisse. Foto: HZG/Christian Schmid
An der Ostseeküste werden Wasserstände über 1,00 Meter über dem mittleeren Wasserstand als Sturmfluten gewertet. An den Pegeln Warnemünde und Travemünde wird seit etwa 1950 bis heute keine Veränderung in der Zahl und Höhe von Sturmfluten beobachtet. Dieses Jahr traten an beiden Pegeln bisher noch keine Sturmfluten auf. Damit ist die jetzige Sturmflutsaison hier zwar bisher relativ ruhig, aber im Vergleich zu früheren Jahren auch nicht ungewöhnlich verlaufen. „Mit unserem Tool ist es erstmals möglich, aktuelle Sturmfluten und den Verlauf der Sturmflutsaison in nahezu Echtzeit und tagesaktuell einzuordnen und in Bezug zu langfristigen Veränderungen zu setzen“, erklärt Dr. Ralf Weisse. Bisher ist die Sturmflutsaison noch nicht vorbei und schon mit dem nächsten Tief, das über Norddeutschland zieht, kann es zu einer neuen Bewertung der Sturmflutsaison kommen.
Auswertung tagesaktueller Daten
Der Sturmflutmonitor ist tagesaktuell und nutzt die von den zuständigen Behörden erhobenen und auf PEGELONLINE bereitgestellten Pegelmessungen an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Diese werden täglich ausgewertet und in Bezug zu langfristigen Sturmflut-Statistiken gesetzt. Am Beispiel von derzeit vier Pegeln an der deutschen Nordseeküste (Husum, Helgoland, Cuxhaven und Norderney) und zwei Ostseepegeln (Travemünde und Warnemünde) werden aktuelle Sturmfluten mit dem bisherigen Sturmflutgeschehen der letzten Jahrzehnte verglichen. Sturmflutmonitor.de wurde von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht entwickelt.
Weiterführende Links
Kontakte
Institut für Küstenforschung
Tel: +49 (0)4152 87-1868
E-Mail KontaktWebsite
Helmholtz-Zentrum Geesthacht
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Helmholtz-Zentrum Geesthacht
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