MERMAID oder wie die Meerjungfrau die Wasserqualität in der Nordsee und in Indonesien überwacht
Das neuartige, automatische Meeresüberwachungssystem MERMAID soll zukünftig rechtzeitig vor giftigen Algenblüten und Schadstoffeinleitungen in Meeren und Flüssen warnen.
Erfolgreiche GKSS-Entwicklung: Meeresüberwachungssystem MERMAID gewinnt den renommierten EUREKA-Lillehammer-Preis
MERMAID - zu Deutsch „Meerjungfrau“ - steht eigentlich für „Marine Environmental Remote-Controlled Measuring and Integrated Detection“. Das Meeresüberwachungssystem besteht aus kontinuierlich messenden Sensoren, die mithilfe eines modernen Datensystems überwacht und gesteuert werden – sozusagen ein ferngesteuertes Labor direkt auf hoher See. Die Messdaten werden über Funktelemetrie, Handy oder Satellit zur Überwachungszentrale an Land übertragen.
Lillehammer Award für GKSS-Entwicklung
Maßgeblich entwickelt wurde das Meeresüberwachungssystem im GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht unter der Leitung von Dr. Friedhelm Schroeder vom Institut für Küstenforschung. Den GKSS-Wissenschaftlern gelang mit dem MERMAID-Projekt eine zukunftsweisende Lösung für die weltweite Gewässerüberwachung, die jetzt entsprechend gewürdigt wurde: Als herausragender Beitrag zum Umweltschutz in Europa wurde das Meeresüberwachungssystem MERMAID am 23. Juni in Kopenhagen mit dem Lillehammer Award 2003 ausgezeichnet. „Mit dieser Auszeichnung bekommen wir endlich mehr Aufmerksamkeit für die Probleme, die durch die Verschmutzung der Meere und Gewässer verursacht werden“, freut sich Dr. Friedhelm Schroeder. „Fast 50 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Küstennähe und ist damit auf eine stabile Wasserqualität angewiesen“, erklärt Schroeder weiter die Bedeutung seiner Forschungsergebnisse.
Gewässerüberwachung war bisher schwierig: Mit den konventionellen Messmethoden konnten nur einfache physikalische Parameter wie Wassertemperatur, Salzgehalt und Strömung erfasst werden. Mit dem neuartigen, automatischen Messsystem MERMAID gelingt es nun, neben den ozeanografischen Daten auch die Nährstoffbelastung und die damit verbundenen Überdüngungserscheinungen im Meer exakt zu ermitteln. Massenblüten von Algen, aber auch Extremereignisse wie Schiffsunfälle können so rechtzeitig erfasst und ihre Ausmaße bestimmt werden.
Eine clevere Idee: MERMAID im Bauch des Fährschiffes als „FerryBox“
Was einst als Bojensystem begann, hat inzwischen neue Dimensionen erreicht: Seit Ende 2002 kann das MERMAID-System mit seinen Messungen noch größere Gebiete abdecken. Als „FerryBox” ist das Überwachungssystem in die Englandfähre „Duchess of Scandinavia“ eingebaut, die regelmäßig zwischen Harwich (England) und Cuxhaven verkehrt. Das System arbeitet vollautomatisch und wird über die Position des Schiffes (GPS-Signal) ein- und ausgeschaltet. Während der Fahrt wird, zusammen mit den jeweiligen Ortskoordinaten, ständig der Sauerstoffgehalt, der ph-Wert, die Nährstoff- und Algenkonzentration gemessen. Diese Daten können durch stationäre Messeinrichtungen (z. B. Bojen) ergänzt werden und geben so ein wesentlich umfassenderes Bild über den Zustand der Nordsee ab. Darüber hinaus ist diese Methode ausgesprochen effektiv und kostengünstig. Zukünftig sollen die FerryBox-Daten mit Satellitendaten verknüpft werden, um auch Informationen außerhalb der eigentlichen Fahrtrouten zu erhalten.
MERMAID-Technologie sogar in Indonesien
Inzwischen ist auch das Ausland auf die bahnbrechende Entwicklung von GKSS aufmerksam geworden: China, Indien und Japan wollen MERMAID für ihr Umweltmanagement nutzen. Fast schon Entwicklungshilfe leistet das MERMAID-System in Surabaya (Indonesien): Der Fluss „Brantas“, der bei Surabaya ins Meer mündet, dient ca. 16 Millionen Menschen als Wasserversorgung. Abwässer aus Landwirtschaft und Industrie gehen allerdings weitgehend ungeklärt in den Fluss. Ernsthafte Probleme mit der Wasserqualität für die Menschen, aber auch für die dort ansässige Wirtschaft sind die Folge. Mithilfe des MERMAID-Systems wird nun die Wasserqualität überprüft und Empfehlungen für ein geeignetes Wasserqualitätsmanagement gegeben. Die Daten der MERMAID-Station am Unterlauf des Flusses gelangen per Telefon/Internet direkt zu GKSS und werden hier weiterverarbeitet. Im April dieses Jahres fand die Einweihung der Station in Surabaya statt. „Die ersten Ergebnisse, die die MERMAID-Station geliefert hat, sind sehr ermutigend. Das MERMAID-Brantas-Projekt steht für einen erfolgreichen Technologietransfer – eines der vorrangigsten Ziele der GKSS-Küstenforschung", so Prof. Dr. Franciscus Colijn, Leiter des Instituts für Küstenforschung am GKSS-Forschungszentrum.