Daniela Jacob wird offiziell Direktorin des Climate Service Center Germany
Vor einem Jahr, zum 1. Juni 2014, hat Dr. Daniela Jacob die kommissarische Leitung des Climate Service Center 2.0 übernommen. Jetzt bestätigt eine Berufungskommission diese Position. Ab sofort ist die Meteorologin und bekannte Klimaforscherin die Direktorin der wissenschaftlichen Einrichtung für die Beratung von Politik, Wirtschaft und Verwaltung zur Anpassung an den Klimawandel mit Sitz in Hamburg. In dem vergangenen Jahr hat sie bereits neue Projekte und die Strukturanpassung des Centers vorangetrieben.
Erfahren Sie hier im Interview mehr über die neuen Entwicklungen des Climate Service Center Germany:
Frau Jacob, ein Jahr als kommissarische Leiterin liegt hinter Ihnen. Können Sie kurz die wichtigsten Schritte des Jahres skizzieren?
Foto: HZG/ Patrick Kalb- Rottmann
Mit der Neuausrichtung des Climate Service Center 2.0 gab es eine Verschiebung unseres Fokus von einem weit gefassten Mandat eines reinen Dienstleistungsanbieters hin zu einer fokussierten Zielstellung als „Ideenschmiede“ für Prototypenentwicklung für den Klimaservice. Wir haben somit die Bereitstellung von Informationen für Entscheider in Politik, Behörden und Wirtschaft durch die Entwicklung von Prototypen für Beratungsdienstleistungen noch stärker vorangetrieben.
Eine wichtige Maßnahme war eine interne Umstrukturierung mit dem Ziel, die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres sehr interdisziplinären Teams noch mehr zu fördern und die interne Kommunikation zu erhöhen. Das ist gelungen! Die Aufteilung in Abteilungen spielt bei uns eine eher administrative und keine inhaltliche Rolle.
Welche Veränderungen gibt es hinsichtlich der Leistungen nach der Umstrukturierung?“
Künftig werden wir die Entwicklung von anwendungsorientierten, ganzheitlichen, praxistauglichen Informationen und Beratungsdienstleistungen für Entscheidungsträger weiter forcieren - aufbauend auf den Erfahrungen der letzten Jahre - zu deren Informationsbedarf.
Dazu haben wir drei Bereiche etabliert: 1. Auf- und Ausbau von Netzwerken, 2. Prototypische Entwicklung von Produkten, Methoden und Dienstleistungen und 3. Entwicklung und Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen. Unsere Zielgruppen sind Stakeholder, Akteure und Entscheidungsträger in privatwirtschaftlichen Unternehmen und im öffentlichen Dienst und nicht die breite Öffentlichkeit.
Bei den Prototypen und Beratungsprodukten für den Klimaservice handelt es sich um forschungsbasierte Informationen und Methoden zu Klimafragen, die Entscheidungsfindungen unterstützen, insbesondere bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. Wichtig ist, dass wir diese gemeinsam mit den Anwendern und wissenschaftlichen Partnern entwickeln. Danach werden die Prototypen auf ihre Praxistauglichkeit erprobt.
Wir planen, evaluierte Produkte nicht selbst zur operationellen Vervielfältigung weiterzuführen, sondern möchten sie zu diesem Zweck gern an Dritte abgeben, die wir bereits in die Produktentwicklung einbinden wollen. Damit wird der Schwerpunkt unserer Aktivitäten künftig auf der prototypischen Entwicklung und Forschung für den Klimaservice liegen.
Um unsere Ziele in den nächsten Jahren erreichen zu können, konzentrieren wir uns auf die prioritär ausgewählten Sektoren Wasser, Energie und Ökosysteme. Zusätzlich reagieren wir auf die dringenden Informations- und Datenbedarfe von Städten und Kommunen.
Welche Prototypen für Beratungsdienstleistungen sind entstanden bzw. sollen noch entstehen?
Zurzeit und künftig werden zwei wesentliche Prototypenbereiche bearbeitet: In einem Bereich entwickeln wir verschiedene Formen von Fact-Sheets (Climate-Fact-Sheets, Standort-Fact-Sheets etc.). Unsere Fact-Sheets stellen die Informationen zu Klima und Klimawandel für Länder, Regionen, Klimazonen und Produktionsstandorte in standardisierter und komprimierter Form bereit. Sie wurden ursprünglich gemeinsam mit der Deutschen Entwicklungsbank KfW entwickelt.
Im anderen Bereich entwickeln wir modular aufgebaute „Beratungsbaukästen“ sowohl für Städte und Kommunen, als auch für die Privatwirtschaft. Hierbei spielt die Anpassung an den Klimawandel und die Vermeidung von Treibhausgasemissionen gleichermaßen eine Rolle. Ein Beispiel ist der „Stadtbaukasten“ zur Unterstützung von Städten hinsichtlich der Herausforderungen und Chancen bei der Anpassung an den Klimawandel. Das flexible Instrument liefert stadtspezifische Klimainformationen, Beratung in individuellen Bereichen wie z.B. „Urbanes Grün“ und Handlungsempfehlungen. Zurzeit entwickeln wir, basierend auf dem gleichen modular aufgebauten Konzept, einen „Unternehmensbaukasten".
Beide Prototypenbereiche profitieren stark von Synergien und reichen mit ihren Anwendungen bis in den Bereich Weiterbildung hinein. Für die angedachte Operationalisierung der Prototypen durch Dritte wollen wir Begleit-, Trainings- und Qualitätskontrollkonzepte entwickeln. Entstehen sollen unterschiedliche zielgruppenspezifische Weiterbildungsangebote zum Umgang mit dem Klimawandel für Multiplikatoren, z.B. aus dem Wasserbau- und Bau- Ingenieursbereich.
Vernetzung von Klimawissen ist ein wichtiges Instrument für das Climate Service Center. Welche Netzwerke sollen jetzt weiter ausgebaut werden?
Für die Integration der Forschung zum Klimawandel und des anwendungsorientierten Wissens zur Anpassung an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis sind ganz unterschiedliche, lebendige Netzwerke ausschlaggebend. Diese umfassen wissenschaftliche Partnerinstitutionen unterschiedlicher Disziplinen, potenzielle Kunden und Multiplikatoren mit dringendem Beratungsbedarf, aber auch Partner mit einer ausgewiesenen Expertise hinsichtlich transdisziplinärer Prozesse.
Wir sind in zahlreiche nationale und internationale wissenschaftliche Netzwerke als Initiator, Koordinator oder Partner integriert, ebenso in serviceorientierten Netzwerken. Dies ist sehr wichtig, um zusammen mit anderen Klimaserviceanbietern - aufbauend auf unterschiedlichen Erfahrungen z.B. in Europa - den Mehrwert von Klimaservices für Entscheidungsträger aufzuzeigen, somit die Nachfrage zu stimulieren und zu einem wachsenden Markt europäischer Climate Services beizutragen. So waren wir Mitinitiator der European Climate Service Partnership (ECSP) und auch der internationalen Climate Service Partnership (CSP).
Wir sind innerhalb Deutschlands in verschiedenen Netzwerken von Universitäten und außeruniversitären Einrichtungen aktiv, auch innerhalb der Helmholtz Gemeinschaft. Darüber hinaus möchten wir unsere Kunden- und Partnernetzwerke innerhalb der Wissenschaft und im Bereich der Klimaanpassung weiter ausbauen. Hierzu gehören die Einrichtung eines Professoren-Netzwerks, und die Initiierung sektoraler Netzwerke mit Ingenieuren und anderen Experten, z.B. in den Sektoren Wasserwirtschaft und Bauwesen, aber auch ein Netzwerk mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs).
Welche Rolle nimmt das Climate Service Center 2.0 heute in der nationalen und internationalen Klimaforschung ein?
Die Arbeit an der multi-disziplinären Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis erfordert einerseits, selbst aktiv in der Forschung tätig zu sein, andererseits ein großes Verständnis zur praktischen Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse zu entwickeln. An dieser Stelle möchte ich unsere langjährige Expertise in regionaler Klimamodellierung erwähnen.
Das regionale Klimamodell REMO, eines der weltweit führenden Modelle, wurde am Max-Planck Institut für Meteorologie unter meiner Leitung entwickelt. Wir haben im Laufe der Jahre REMO international führend etabliert und entwickeln das Modell laufend, zusammen internationalen Partnern, weiter. Klimasimulationen mit REMO und anderen regionalen Modellen sind ein Standbein von Klimaservices. Derzeit wird mit dem „COordinated Downscaling EXperiment" (CORDEX), einer Initiative des Weltklimaforschungsprogramms WCRP, eine neue Wissensbasis erstellt, in deren Rahmen regionale Klimaprojektionen für definierte Regionen der Erde räumlich verfeinert werden. Das Climate Service Center 2.0 war und ist hieran maßgeblich beteiligt und erstellt mit REMO regionale Klimaprojektionen. So wurden zahlreiche Simulationen für Afrika, Asien und Lateinamerika durchgeführt.
Unsere Auswertung von Daten regionaler Klimamodelle ist von großer Bedeutung, um die Klimaänderungen und deren Bandbreiten sowie die Belastbarkeit der Ergebnisse zu erforschen. Außerdem koordinieren wir zurzeit mit Partnern aus Griechenland und Norwegen die EURO-CORDEX Initiative, den europäischen Zweig der CORDEX-Initiative. Die hier durchgeführten räumlich stark verfeinerten Simulationen erweitern die Wissensbasis über mögliche Klimaänderungen in Deutschland und Europa.
Darüber hinaus erforscht das Climate Service Center 2.0 zusammen mit internationalen Partnern wie Klimainformationen aus globalen und regionalen Klimamodellen in die Klimafolgen-Modelle eingehen können. Dies setzt sich fort mit Untersuchungen der Folgen des Klimawandels, auch in Bezug auf deren ökonomische Auswertungen. Hierbei handelt es sich um Fragestellungen, die beispielsweise im Projekt IMPACT2C bearbeitet werden. IMPACT2C ist ein von der Europäischen Kommission gefördertes, multidisziplinäres und europaweites Projekt, das von uns koordiniert wird. Es untersucht, welche möglichen Auswirkungen eine globale Erwärmung von 2°C in Europa und den drei besonders verletzlichen Regionen Bangladesch, Malediven und Niger in Bezug auf Vulnerabilitäten, Risiken und ökonomische Kosten hat.
Die Namenserweiterung in Climate Service Center 2.0 war 2014. Stimmt es, dass derzeit eine weitere Namensänderung durchgeführt wurde?
Ja, das stimmt. Wir haben einen neuen Namen und ein neues Kürzel.
Aus markenrechtlichen Gründen haben wir ab Juni 2014 auf das Kürzel CSC verzichtet und dem Climate Service Center als Zwischenlösung den Zusatz 2.0 gegeben.
Ab dem 20. Juli 2015 heißen wir nun „Climate Service Center Germany“. Unser Kürzel ist ab diesem Zeitpunkt GERICS, leicht zu merken als German Institute for Climate Service.
Climate Service Center Germany (GERICS)
Tel: +49 (0) 40 226 338-0
E-Mail KontaktChilehaus – Eingang B
Fischertwiete 1
20095 Hamburg