HZG-Wissenschaftler untersucht Surfendes Licht
Ein Surfer auf der Wasserwelle (Foto: www.nicepik.com)
Die meisten von uns sind beeindruckt, wenn sie Surfer beobachten, die anmutig mit einer Meereswelle gleiten. Wir normalen Schwimmer haben am Strand meist ein nur kurzes überwältigendes Erlebnis, wenn eine Welle über uns rollt. Dagegen haben talentierte Surfer die Fähigkeit entwickelt, auf einem Wellenhang zu verbleiben und ihre Geschwindigkeit beizubehalten. Ein Surfer am Hang einer Wasserwelle kann der Welle kontinuierlich Energie entziehen und diese zum Antrieb nutzen. Die entnommene Energie wird durch die Arbeit gegen die Wasserreibung verbraucht. Dafür müssen Surfer die Richtung ihrer Ge-schwindigkeit genau einstellen. Eine ähnliche Situation tritt auf, wenn ein Lichtpuls in einem Material mit einer sich bewegenden Brechungsindexfront in Wechselwirkung tritt, wie im Bild unten gezeigt. In diesem Fall muss keine Reibung überwunden werden und die entnommene Energie wird stattdessen verwendet, um die Farbe (Frequenz) des Lichts zu ändern.
Surfen des Lichts auf der Brechungsindexfront. Der anfängliche Lichtpuls (rot) trifft auf die Brechungsindexfront und ändert während des Surfens kontinuierlich seine Farbe (Frequenz). [Bild: M.Eich]
Erfahrene Surfer können ihre Geschwindigkeitsrichtung so ausgleichen, dass sie sich seitlich zur Welle bewegen, aber den Wellenhang nicht verlassen. Der gleiche Effekt kann auch für Licht erzielt werden. In diesem Fall bleibt der Lichtpuls in der Front gefangen und wird seine Farbe kontinuierlich ändern (Bild 2), solange er auf dem Wellenhang verbleibt.
Dieser Effekt hat viele interessante Auswirkungen. Wenn man ein Signal betrachtet, das aus mehreren Lichtpulsen besteht, die an verschiedenen Positionen starten, werden diese Pulse alle von der Wellenfront gesammelt, was zu einer Signalkompression führt. Alternativ kann ein Lichtpuls auch in die Front eindringen, auf seiner Steigung surfen und dann beschleunigen und die Front in Vorwärtsrichtung wieder verlassen, genau wie es ein Surfer tun würde, um die Surfbewegung zu beenden. Auch kann eine Transmission durch die Front auftreten, wenn der Lichtpuls nicht beschleunigt und stattdessen von der Front überholt wird. Dies entspricht der Situation, in der sich der Surfer am Ende hinter der Welle befindet.
Diese und andere neuartige Effekte werden von Wissenschaftlern der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der Menoufia-Universität, der Yokohama-Universität, des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) und der ITMO-Universität St. Petersburg in einem von der Redaktion der Zeitschrift Nature Photonics eingeladenen aktuellen Übersichtsartikel erörtert. Die Wissenschaftler präsentieren dort eine einheitliche Theorie der optischen Übergänge, die durch eine sich bewegende Front hervorgerufen werden, und diskutieren aktuelle experimentelle Ergebnisse und mögliche Anwendungen.
Die diskutierten Effekte gehen weit über die grundlegenden physikalischen Fragestellungen der dynamischen Lichtwechselwirkungen hinaus. Die durch eine sich bewegende Front induzierte Frequenzverschiebung ist auch für die Frequenzumwandlung in der optischen Kommunikationstechnik relevant, bei der ein Informationspaket von einem Frequenzkanal auf einen anderen umgeschaltet werden kann. Eine solche Frequenzverschiebung kann auch auf einzelne Photonen und damit in Quantenkommunikationssystemen angewandt werden. Der Mechanismus des Lichteinfangs in der Front ermöglicht auch eine signifikante Signalkompression und eine einstellbare Signalverzögerung.
Die Arbeit wurde am 16.09.2019 in Nature Photonics, einer der international renommiertesten wissenschaftlichen Fachzeitschriften, veröffentlicht.
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Eißendorfer Straße 38
21073 Hamburg
und
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Institut für Werkstoffforschung
Max-Planck-Strasse 1
21502 Geesthacht