Frischer Wind für Wasserstoff
Wasserstoff ist das häufigste Element in unserem Universum. Wird die Energie dieses besonderen Gases genutzt, hinterlässt es kein umweltschädliches CO2 oder Methan, sondern ausschließlich Wasser als „Abgas“. Klimafreundlich und platzsparend speicherbar, gilt Wasserstoff als zentraler Baustein der Energiewende. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Schleswig-Holstein entwickeln Verfahren zur sicheren Herstellung, Speicherung, Transport und Nutzung des wertvollen Gases.
Übersicht
Ein Windpark in der Nordsee. Um Wasserstoff umweltfreundlich herzustellen, wird regenerative Energie benötigt. Foto: HZG/Sabine Billerbeck
Um Wasserstoff umweltfreundlich herzustellen, wird regenerative Energie benötigt. Die haben wir hier im Norden reichlich, denn wir nutzen Windenergie im großen Stil. 2050 soll in Deutschland der Anteil der erneuerbaren Energien bei 80 Prozent liegen. Um dies zu erreichen, werden unter anderem Offshore-Windkraftanlagen massiv ausgebaut. Der Wind weht aber nicht ständig in gleichem Maße. Weht er im Überfluss, müssen die nachhaltig erzeugten Strommengen effizient gespeichert werden. Dazu kann mit dem überschüssigen Strom der Windkraftanlagen mithilfe sogenannter Elektrolyseure Wasserstoff produziert werden. Derzeit konzipiert die FH Westküste in Heide gemeinsam mit Industriepartnern eine 700-MW-Elektrolyseanlage. Auch die Sektorkopplung, also die optimale Verbindung zwischen Herstellung, Transport und Verbrauch, wird dort weiterentwickelt.
Sichere Speicherung von Wasserstoff
Die Effiziente und sichere Speicherung von Wasserstoff an Metallen verringert das Volumen und den Speicherdruck. Foto: HZG/Christian Schmid
Produzierter Wasserstoff lässt sich speichern oder im Gasnetz zu den Abnehmern transportieren. Materialforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) entwickeln spezielle Speicher, in denen das Gas fest an Metalle gebunden wird. Die Vorteile gegenüber einem herkömmlichen Druckgastank: Das Volumen der Tanks wird wesentlich verringert und Wasserstoff lässt sich mit deutlich geringerem Druck sicher und langfristig speichern. Um die Prozesse im Inneren dieser neuartigen Tanks zu verstehen und sie weiter zu optimieren, nutzen die HZG- Wissenschaftler ihre Messplätze am DESY in Hamburg. Mithilfe der dortigen hochenergetischen Synchrotron-Strahlung wird das Unsichtbare bis auf atomare Ebene sichtbar gemacht und daraus die erforderlichen Anpassungen abgeleitet.
Video: Speicherung von Wasserstoff in Metallhydriden
Energieumwandlung und Transport
Durch Windkraft produzierter Strom wird durch Elektrolyse in Wasserstoff umgeweandelt und gespeichert. Durch das Erdgasnetz kann es zu den Verbrauchern geleitet werden. Grafik: www.westkueste100.de
Um Wasserstoff, der zum Transport den vorhandenen Gasnetzen beigemischte wurde, wieder zu isolieren und nutzen zu können, bedarf es besonderer Trenntechniken. Die hierfür benötigten Membranen zur Gastrennung werden ebenfalls am HZG konzipiert und entwickelt.
Grüner Wasserstoff und Dekarbonisierung im industriellen Maßstab [www.westkueste100.de]
Wasserstoffproduktion mit künstlicher Photosynthese
Auch an einer weiteren „grünen“ Form der Wasserstoff-Erzeugung arbeiten Geesthachter Wissenschaftlerinnen: der direkten Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff unter Nutzung der Energie des Sonnenlichtes. Der Photosynthese im Blatt abgeschaut, nutzen sie speziell strukturierte photoaktive Materialschichten. Noch sind diese Materialien sehr teuer und ihre Herstellung ist kompliziert. Deshalb erforschen die Wissenschaftler die Entwicklung kostengünstig herzustellender und trotzdem hoch effizienter Photoelektroden.
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Wasserstoff in der Schifffahrt und der Küstenforschung
Auch autonome Unterwassergleiter sollen Mini-Brennstoffzellen erhalten. Foto: HZG/Raimo Kopetzky
Ob über Gasleitung transportiert oder im Feststoff-Tank gespeichert: Die dem Wasserstoff innewohnende Energie wird für industrielle Prozesse sowie auch im Verkehrssektor fast immer nach „Rückumwandlung“ in elektrische Energie genutzt. Dies gelingt schadstofffrei in Brennstoffzellen. Schon bald sollen Schiffe mit diesen klimafreundlichen Antrieben ausgestattet werden. Auch autonome Unterwassergleiter sollen Mini-Brennstoffzellen erhalten und zukünftig der Geesthachter Küstenforschung dienen.
Studie eines Wasserstoffschiffes Bild: DLR (CC-BY 3.0)
Das 2020 gegründete DLR-Institut für Maritime Energiesysteme mit Sitz in Geesthacht erforscht und entwickelt innovative Technologien, um die bei der Schifffahrt anfallenden Emissionen zu reduzieren. Neue Antriebssysteme wie solche mit Wasserstoff-Brennstoffzellen oder alternativen grünen Treibstoffen sollen unter realen Bedingungen erprobt werden. Hierzu entwickelt das Institut ein spezielles Forschungsschiff. In den Arbeiten wird auch die Energieversorgung von Hafeninfrastruktur und -betrieb betrachtet.
DLR - Institut für Maritime Energietechnik [www.dlr.de]
Umwelteinflüsse von Offshore Windkraft
Radaranlage auf Sylt, zur Beobachtung von Wellen und Strömungen. Jegliche Nutzung – so auch die Offshore-Windenergie – übt einen Einfluss auf die Umwelt aus. Ein Fall für die Küstenforschung. Foto: HZG/Jochen Horstmann
Weltweit werden die Küsten intensiv und vielschichtig genutzt und sie verändern sich durch den Klimawandel massiv. Jegliche Nutzung – so auch die Offshore-Windenergie – übt einen Einfluss auf die Umwelt aus. Die Küsten- und Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht entwickeln daher begleitend Methoden, Analysen und Szenarien, um die komplexen Auswirkungen der Offshore-Windpark-Bauwerke auf See zu verstehen. Sie analysieren, wie sich zum Beispiel die Wolkenbildung durch die Turbinen ändern könnte oder ob durch die Pfeiler der Anlagen Meeresströmungen, Wind und Wellen veränderte Muster aufzeigen. Im Zentrum stehen Fragen wie „Was geschieht mit dem Ökosystem Meer?“ oder „Welche Effekte hätten der Ausbau der Offshore Windkraft und der konsequente Umstieg auf die Wasserstoff-Wirtschaft für unseren Planeten?“ Hochkomplexe Fragen, die am HZG mittels präziser Beobachtungsdaten, künstlicher Intelligenz und neuen wissenschaftlichen Modellen und Szenarien beantwortet werden sollen.
Der weitere Ausbau von Windparks - ein Fall für die Küstenforschung
Ein so gewonnenes tiefes Verständnis ermöglicht Beurteilungen und Zukunftsperspektiven für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Wissen aus Schleswig-Holstein schafft dadurch die Basis für eine nachhaltige Entwicklung - die der Umwelt und den Menschen dient.
Weiterführende Links zur Wasserstoffforschung in Norddeutschland (nach Alphabet)
Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY)
Das German Engineering Materials Science Centre, GEMS ist die zentrale Nutzerplattform des Hemholtz-Zentrums Geesthacht mit einer weltweit einzigartigen Infrastruktur für die komplementäre Forschung mit Photonen und Neutronen. Die Instrumente, die Synchrotronstrahlung verwenden, werden an der Außenstelle am Deutschen Elektronen Synchrotron DESY in Hamburg betrieben. mehr Informationen zum GEMS
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Das 2020 gegründete DLR-Institut für Maritime Energiesysteme erforscht und entwickelt innovative Technologien, um die bei der Schifffahrt anfallenden Emissionen zu reduzieren. Neue Antriebssysteme, wie Wasserstoff-Brennstoffzellen oder alternative Treibstoffe sollen unter realen Bedingungen erprobt werden. Hierzu baut das Institut ein Forschungsschiff auf. In den Arbeiten wird auch die Energieversorgung von Hafeninfrastruktur und -betrieb betrachtet. Mehr Informationen zum DLR-Instiut
Helmholtz-Zentrum Geesthacht
HZG-Forscher arbeiten an neuen Konzepten sowohl für effiziente Wasserstofftanks, als auch für die klimaneutrale Herstellung des energiereichen Gases. Um Wasserstoff, der zum Transport den vorhandenen Gasnetzen beigemischte wurde, wieder zu isolieren und nutzen zu können, bedarf es besonderer Trenntechniken. Die hierfür benötigten Membranen zur Gastrennung werden ebenfalls am HZG konzipiert und entwickelt.
Die HZG Küstenforscher untersuchen dabei die Auswirkungen von Offshore-Windparks in der Nordsee.
Mehr Informationen zur Wasserstoffforschung am HZG
Helmut-Schmidt-Universität
Mit der Helmut-Schmidt-Universität werden Konzepte für die technische Integration von den bei HZG entwickelten Komponenten in lokale und überregionale Strom-Netze entwickelt und erprobt. Aktuell wird ein Projekt zur Sektorkopplung und zur Notstromversorgung von Batterie-elektrischen Bussen gemeinsam mit der Hamburger Hochbahn AG, Stromnetz Hamburg GmbH und Gasnetz Hamburg GmbH durchgeführt. Zur Website der HSU
Westküste 100
Künftig nachhaltiger fliegen, bauen und heizen, das ist das Ziel des “Reallabors Westküste 100”. Dabei soll eine regionale Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab abgebildet und skaliert werden. Die Voraussetzungen dafür sind gerade an der Westküste Schleswig-Holsteins einzigartig: Hier treffen eine starke Windenergie-Region sowie ausgezeichnete geologische Speicherbedingungen auf innovative Unternehmen, die die Zukunft aktiv gestalten und einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele liefern wollen. Zur Website westkueste100.de