45 Meter Tiefgang
Nur wenige Seemeilen von der Insel Helgoland entfernt kennzeichnen seit dem 23. April acht gelbe Tonnen ein drei Quadratkilometer großes und 45 Meter tiefes Forschungstestfeld für Über- und Unterwasseranwendungen. Nachdem im Sommer 2019 mit der Gründung des Testzentrums für maritime Technologien die landseitige Logistik bereits aufgebaut wurde, können nun auch die Forschungsarbeiten auf hoher See beginnen.
Die Installation der gelben Tonnen, die das Areal abstecken, war erfolgreich. Foto: Fraunhofer IFAM/Deichblick
Die Forschung auf dem offenen Meer ist bislang nicht oder nur unter aufwendigen Bedingungen zu gestalten. Wer große Bauteile oder komplette maritime Systeme untersuchen möchte, muss ein Schiff anmieten und auf die richtigen Wetterbedingungen hoffen. Langzeitversuche sind kaum durchführbar. Nun eröffnet das europaweit einzigartige Forschungsareal Wissenschaftlern und Partnern aus der Industrie die Möglichkeit, Über- und Unterwassertechnologien unter realen Bedingungen zu entwickeln und sowohl in Langzeitversuchen als auch in kurzzeitigen Prüfszenarien zu erproben.
Über- und Unterwasserrobotik auf hoher See
Neben der Erforschung von Prozessen wie Stoffkreisläufen im Meer soll das abgesteckte Seegebiet vor allem zur Erprobung autonomer Unterwasserfahrzeuge und Flugsysteme dienen. Die mobile Robotik besitzt das Potenzial, industrielle Messverfahren und Reparaturarbeiten für den Offshore-Einsatz zu revolutionieren. Damit können aufwendige Wartungsarbeiten unter und über Wasser durch innovative Verfahren mit geringerem Energie- und Zeitaufwand ersetzt werden.
So sollen sich Unterwasserfahrzeuge zukünftig selbstständig bewegen und Unterwasserstrukturen auf Schäden untersuchen und eigenständig reparieren können. Auch intelligente Flugsysteme werden in dem Areal getestet, um dann beispielsweise bei der Inspektion und Instandhaltung von Offshore-Windenergieanlagen zum Einsatz zu kommen und somit Menschen bei diesen gefährlichen Arbeiten zu entlasten.
Testfeld für maritime Anwendungen
So könnte die Unterwasserrobotik im Testfeld aussehen. Animation: DFKI GmbH/Meltem Fischer
Zur Erfüllung dieses breiten Aufgabenspektrums müssen die Luft- und Wasserfahrzeuge mit effizienten elektrischen Antrieben, einer umfangreichen Sensorik, Sensordatenerfassung und -auswertung sowie entsprechenden Algorithmen zur autonomen Durchführung komplexer Missionen ausgestattet sein. Für diese Anwendungen gelten hohe Anforderungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und der Umsetzung der Digitalisierung in den maritimen Bereichen.
Der Nachweis der Zuverlässigkeit dieser Hard- und Software unter realen Umgebungsbedingungen steht im Vordergrund der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Konkrete Entwicklungen aus der mobilen Robotik können bei Seegang, Strömung, Sedimentfracht, hohen Windgeschwindigkeiten und unter eingeschränkter Sicht ihre Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Außerdem können Im Testfeld je nach Anwendungsbereich unterschiedliche Prüf- und Testszenarien aufgebaut werden.
Die Versuche liefern wichtige Erkenntnisse für Entwicklungsfragen und für die Optimierung der Systeme. Insbesondere werden am Testzentrum Themen wie die Elektrifizierung von Schiffsantrieben, die Zuverlässigkeit und Effizienz von Antriebssystemen für Unterwasserfahrzeuge und elektrische Energiespeicher für Über- und Unterwasseranwendungen bearbeitet.
Maritime Forschung als wichtiger Innovationstreiber und Wirtschaftsfaktor
Nicht nur im Norden Deutschlands, sondern auch weltweit zählt die maritime Wirtschaft zu einer der wichtigsten Industriebranchen. Um diesen leistungsfähigen Wirtschaftszweig zu stärken und auszubauen, sind Produkte und Dienstleistungen auf höchstem Niveau notwendig. Hohe Anforderungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit werden gestellt und die Digitalisierung in den maritimen Bereichen gilt gleichfalls als Herausforderung. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, sind Versuche und Langzeittests unter anwendungsnahen Bedingungen unverzichtbar.
Um die Forschung und Entwicklung für den maritimen Sektor voranzutreiben, wurde unter der Federführung des Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM gemeinsam mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), dem Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Zentrum für Material- und Küstenforschung (HZG), dem Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg und der Jacobs University Bremen ein interdisziplinäres Forschungskonsortium gegründet. Wissenschaftlich unterstützt wird das Konsortium zudem durch das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Innerhalb des Testzentrums für maritime Technologien bündeln die Forschungspartner ihre spezifischen Expertisen zu Materialforschung und Fertigungstechnologien, Künstlicher Intelligenz und Robotik, Werkstoff- und Küstenforschung, Meeresgeologie, mariner Stoffkreisläufe und Energieflüsse sowie Polar- und Meeresforschung, um Zukunftstechnologien für den maritimen Sektor in die Anwendung zu bringen.
Gleichzeitig können Industriepartner, die für die Entwicklung robuster und zuverlässiger Systeme geeignete Partner und Testumgebungen suchen, das wissenschaftliche Know-how und Dienstleistungsangebot des Testzentrums für maritime Technologien nutzen. Angeboten werden die Planung, Durchführung und Auswertung für anwendungsbezogene Leistungsbewertungen im Testfeld. Zusätzlich können erfahrene Techniker in den Bereichen Logistik, Engineering, Werkstatt und Leitstand zur Verfügung gestellt werden.
Weitere Informationen
- Website des Maritimen Testzentrums
- Downloadbares Bild- und Videomaterial Veröffentlichung frei in Verbindung mit einer Berichterstattung über diese Presseinformation
Ansprechpartner
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung
Tel: + 49 421 2246-7376
E-Mail KontaktIFAM
Wiener Straße 12
28359 Bremen
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI)
Tel: +49 421 17845-4119
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Robert-Hooke-Str. 1
28359 Bremen
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