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Forschungsschwerpunkte

Herkunft, Transport und Verbleib von anorganischen und partikulären Schadstoffen

Anorganische und neuartige partikuläre Schadstoffe stellen eine anhaltende Bedrohung für viele Küsten-Ökosysteme dar. Dazu tragen insbesondere ihre inhärente Toxizität, ihre Nichtabbaubarkeit sowie die große Anzahl möglicher Quellen bei, was dazu führt, dass neben den „traditionellen“ anorganischen Schadstoffen (z.B. Schwermetalle) auch neue anorganische Stoffe vermehrt in die Umwelt eingetragen werden, über deren Auswirkungen wie auch kumulative Effekte mit anderen Stoffen wenig bekannt ist. Mit Hilfe von modernen chemisch-analytischen Verfahren erforschen wir Vorkommen, Transport, Verbleib und Auswirkungen von anorganischen und neuartigen partikulären Schadstoffen im Land-Fluss-Meer-Kontinuum sowie in Küstenregionen und tragen so zum Gesamtverständnis des globalen Küstensystems bei.

Klein Inorganic Pollutants

Grafik aus Klein, O. et al. (2021). Improved determination of technologically critical elements in sediment digests by ICP-MS/MS using N2O as a reaction gas. JAAS. https://doi.org/10.1039/D1JA00088H

Mit Hilfe von modernen chemisch analytischen Verfahren, die kontinuierlich weiterentwickelt werden, untersuchen wir Elemente, ihre unterschiedlichen, toxikologisch relevanten chemischen Formen (Spezies) sowie die Isotopie ausgewählter Elemente des Periodensystems, die wichtige Informationen zu den in den untersuchten Umweltkompartimenten ablaufenden Prozessen liefern. Neben den klassischen anorganischen Schadstoffen untersuchen wir vor allem seltene Elemente, die auch als sog. Technologiekritische Elemente (TCEs) bezeichnet werden und die durch ihren stark steigenden Einsatz in aktuellen Schlüsseltechnologien im Bereich der Mobilität, Informationstechnologie und nachhaltiger Energieerzeugung in Verbindung mit fehlenden Recyclingansätzen verstärkt in die Umwelt eingetragen werden können. Ein aktueller Anwendungsschwerpunkt befasst sich mit der Untersuchung des chemischen Fußabdrucks und damit verbundener ungewollter Nebeneffekte, die sich durch den anhaltenden Ausbau der Offshore Windenergieerzeugung in der Nordsee ergeben bzw. wie die dabei freigesetzten chemischen Stressoren sich auf zukünftige „Multi-Use Szenarios“, Nahrungsnetzte und die humane Gesundheit auswirken können.

Die erfassten Daten und entwickelten Methoden fließen in die Coastal Pollution Toolbox (CPT) des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes ein. Sie bilden die Basis für die Entwicklung zukünftiger Handlungsempfehlungen zur nachhaltigen Emissionsreduktion der betrachteten Stoffe bzw. die Erweiterung der im Institut betriebenen Chemietransportmodelle um neue gesellschaftlich relevante Schadstoffklassen. Mit unserer Expertise leisten wir zusätzliche Beiträge zu verschiedenen zentrumsweiten Leuchtturmprojekten und tragen so zum Gesamtverständnis des globalen Küstensystems, zur Untersuchung des Kohlenstoffkreislaufs und neuen Dekarbonisierungsansätzen wie auch zum Verständnis des Abbauverhaltens sowie der Interaktion von neuen metallbasierten Implantat-Materialien mit biologischen Geweben bei.

Graphik nach T. Prohaska, J. Irrgeher, A. ZItek and N. Jakubowski, eds. (2015). Sector Field Mass Spectrometry for Elemental and Isotopic Analysis, Royal Society of Chemistry, Cambridge

Seit den frühen 1990ern Jahren hat sich die Analyse sogenannter ‘nicht-traditioneller’ Isotopensysteme mittels MC ICP-MS (Multikollektor Induktiv gekoppelter Plasma Massenspektrometrie) zu einer vielseitigen und immer leistungsfähigeren Analysetechnik entwickelt. MC ICP-MS zeichnet sich durch Vorteile wie reduzierte Probenvorbereitung, hoher Probendurchsatz sowie die Möglichkeit ein sehr breites Spektrum an Elementen des Periodensystems zu ionisieren aus, was eine breite Anwendung ermöglicht.

Die Methode kann zur Analyse der natürlichen Isotopenvariation praktisches jedes Elements mit 2 der mehr Isotopen herangezogen werden. So ist es beispielsweise möglich, die Quellen eines Elements in Umweltkompartimenten zu bestimmen, da sich natürliche Quellen (z.B. Geologie) und anthropogene Quellen (z.B. Industrie) in ihrer Isotopensignatur unterscheiden. Außerdem ist es möglich, künstlich eingebrachte, stabile angreicherte Isotope zu analysieren, die als Tracer für biogeochemische Prozesse eingesetzt werden.

Am Hereon liegt der Fokus der Isotopenanalytik an der Entwicklung von neuartigen Tracer-Werkzeugen mittels hochpräziser Isotopenverhältnismessungen in marinen Kompartimenten. Eine Kombination von verschiedenen Isotopensystemen (u.a. Sr, Pb, Nd, Mo) wird für die räumlich strukturierte Beschreibung und Beurteilung der Schadstoffe und Nährstoffe im Deutschen Wattenmeer, unter Berücksichtigung der Flusseinzugsgebiete, herangezogen.

Mikro Nanoplastik

Grafik aus Hildebrandt, L. et al. (2024). An analytical strategy for challenging members of the microplastic family: Particles from anti-corrosion coatings. J. Hazard. Mat., 470 (January), 134173. https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2024.134173

Mikroplastik (MP) ist mittlerweile in allen Regionen und Umweltkompartimenten der Welt zu finden, von stark bevölkerten Küstenregionen bis hin zu abgelegenen Regionen wie der Arktis und Antarktis. Der Anteil von Partikeln aus Schiffsanstrichen und dem Korrosionsschutz von Offshore-Windkraftanlagen wurde in der vorhandenen Literatur lange Zeit übersehen/unterschätzt, ebenso wie die Rolle der chemischen Auslaugung dieser Partikel. Unsere jüngsten Forschungsarbeiten konzentrieren sich insbesondere auf die Untersuchung von Quellen, Transport und Senken von MP- und Beschichtungspartikeln in der aquatischen Umwelt und ihre Rolle als Quellen und Transportvektoren für Schadstoffe. Dabei konzentrieren wir uns auf toxikologisch relevante Spurenmetalle und deren Spezies, die durch Auswaschung aus MP in die aquatische Umwelt gelangen könnten, da verschiedene Metalle häufig als Additive in der Kunststoffproduktion verwendet werden.

Vor diesem Hintergrund entwickeln und verwenden wir ein innovatives analytisches Instrumentarium, das die genaue und rückverfolgbare Analyse von MP- und Beschichtungspartikeln sowie der eingesetzten Additivchemikalien in verschiedenen Umweltkompartimenten ermöglicht. Dazu gehören innovative Werkzeuge für die unvoreingenommene Partikelentnahme, die Probenverarbeitung, die Polymeranalyse und die zahlenbasierte Quantifizierung sowie Werkzeuge für die Datenverarbeitung, die zielgerichtete Analyse der chemischen Auslaugung und der chemischen Sorption/Desorption unter Umweltbedingungen sowie die Visualisierung der Schadstoffbelastung und ihrer Verteilung.

Mikroplastik

Grafik aus Wippermann, D. et al. (2023). Determination of technology-critical elements in seafood reference materials by inductively coupled plasma-tandem mass spectrometry. ABC, 0123456789. https://doi.org/10.1007/s00216-023-05081-z

Schadstoffe können die belebte Umwelt auf unterschiedlichen Ebenen beeinflussen. Die Analyse chemischer Wirkungen auf die biotische Umwelt sowie auf andere biologische Systeme (z.B. den Menschen) stellt ein wichtiges Instrument für eine umfassende Schadstoffbewertung und Risikoabschätzung dar. In diesem Zusammenhang werden z.B. Muscheln als Indikatororganismen eingesetzt, um Schadstoffaufnahme und Verteilung zu untersuchen oder mögliche Schadstoffeffekte anhand etablierter physiologischer Indizes oder biochemischer Parameter zu erfassen. Hierzu steht entsprechende Infrastruktur in Cuxhaven und auf Helgoland zur Verfügung, um entsprechende Untersuchungen durchführen zu können.