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Forschungsschwerpunkte

Luftschadstoffe werden über große Strecken von der Emissionsquelle bis zur Deposition durch die Atmosphäre transportiert. Dabei unterliegen sie komplexen physikalisch-chemischen Wechselwirkungen. In der Abteilung „Chemietransportmodellierung“ nutzen wir Emissions- und Chemietransportmodelle, um die Schadstoffverteilung zu beschreiben. Darüber hinaus quantifizieren wir, wie viel einzelne Sektoren zu den Emissionen und den Schadstoffkonzentrationen beitragen. Wir betrachten unterschiedliche räumliche Skalen, die von Stadtteilen bis zu Kontinenten reichen. Die Abteilung untersucht in Zukunftsszenarien auch, wie sich politische und technologische Emissionsminderungsmaßnahmen in den Bereichen Schiffsverkehr und Straßenverkehr auf die Luftqualität und Schadstoffeinträge im Küstenraum und in Hafenstädten auswirken.

Schwarzkopf 2022 Europe

Feinstaubanteil der Schifffahrt im Jahresmittel im Bereich Europa. Bild aus Schwarzkopf et al. (2022)

In intensiv genutzten Küstengebieten trägt die Schifffahrt wesentlich zur Luftbelastung und zum Eintrag von Schadstoffen in die Küstenmeere bei. Mit Emissionsmodellen, die Schiffspositionsdaten, technische Schiffsdaten und treibstoffspezifische Emissionsdaten nutzen, berechnen wir Schiffsemissionen für zahlreiche Luftschadstoffe in hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung. Mit regionalen und urbanen Chemietransportmodellen wird anschließend die Ausbreitung und chemische Umwandlung der Schadstoffe in der Atmosphäre berechnet und es werden Karten erstellt, die die raum-zeitliche Verteilung der Luftbelastung visualisieren.

Dabei untersuchen wir die komplexen Interaktionen mit Schadstoffen aus anderen Quellen wie der Landwirtschaft, dem Straßenverkehr und der Industrie und quantifizieren die relativen Beiträge der Schifffahrt zur Luftbelastung. Im Zentrum unserer Untersuchungen stehen dabei die in der EU regulierten Schadstoffe Stickstoffdioxid (NO2), Ozon (O3) und Feinstaub (Aerosolpartikel) mit Partikeldurchmesser kleiner als 2,5 µm (PM2.5). Die Bildung von Aerosolpartikeln aus den Vorläufergasen Stickstoffdioxid, Schwefeldioxid, Ammoniak und organischen Dämpfen hängt in komplexer Weise von der zeitlich-räumlichen Verteilung der Emissionen und den meteorologischen Bedingungen ab. Dies kann mit den Modellsystemen realitätsnah simuliert werden und aus der Analyse der Ergebnisse können Vorschläge für effiziente Emissionsminderungsmaßnahmen und Technologiepräferenzen abgeleitet werden. In Szenarienrechnungen untersuchen wir mögliche Entwicklungen der internationalen Schifffahrt in der Zukunft sowie Effekte des Einsatzes von Abgasreinigungstechnologien und von neuartigen, klimafreundlicheren Treibstoffen.

Daraus entwickelte Wissens- und Informationsprodukte fließen in die Coastal Pollution Toolbox (CPT) des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes ein.

Storymap Schiffsemissionen

Ramacher 2022

Jährliche Stickstoffdioxid- und Feinstaubkonzentration und relativer Anteil des Straßenverkehrs und der Schifffahrt. Bild aus Ramacher et al. (2020)

Aufgrund zahlreicher Quellen für Luftschadstoffe sind Städte Hotspots für hohe Luftbelastungen mit gesundheitlich kritischen Schadstoffen wie Stickstoffdioxid, Ozon und Aerosolpartikeln. Wir betreiben das am Hereon speziell für die Stadtskala am entwickelte Chemietransportmodell EPISODE-CityChem um die im urbanen Raum räumlich stark heterogenen Luftschadstoffverteilungen zu berechnen und die Belastung (Exposition) der Bevölkerung mit diesen Schadstoffen zu quantifizieren. Ein Schwerpunkt liegt auf der Betrachtung kleinster Partikel mit einem Durchmesser kleiner als 0,1 µm, dem sog. Ultrafeinstaub. Diese Partikel können besonders tief in die Lunge eindringen und stehen im Verdacht Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten hervorzurufen. Schwerpunkt unserer Arbeiten sind Untersuchungen von Ausbreitung und Umwandlung ultrafeiner Partikel, die aus dem Flug-, Schiffs- oder Straßenverkehr stammen.

In Kooperation mit der Universität Hamburg arbeiten wir mit mikroskaligen Modellen, um die Ausbreitung von Schiffsabgasen in Häfen in unmittelbarer Umgebung von Schiffen zu betrachten. Die Ergebnisse finden dann wiederum Eingang in die stadtskalige Modellierung und erlauben eine genauere Bestimmung des Beitrags von Schiffen zur Luftbelastung in Hafenstädten.

Das Modell EPISODE-CityChem ist auch Grundlage des Air Quality Forecast Tools, das Teil der Coastal Pollution Toolbox (CPT) des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes ist.Es liefert täglich Vorhersagen der Luftqualität in Hamburg.

https://hcdc.hereon.de/urbanaqf/

Ramacher 2023

Relative Verteilung der Exposition basierend auf dem jährlichen Mittel der Exposition zu Stickstoffdioxid in Rostock, Riga und Gdánsk-Gdynia. Bild aus Ramacher et al. (2019)

Luftverschmutzung kann zu gesundheitlichen Belastungen führen. Entscheidend dafür ist, wie stark die Bevölkerung einer erhöhten Konzentration von Luftschadstoffen ausgesetzt ist, die sog. Exposition. Für ihre Berechnung werden Bevölkerungsdichtedaten mit Modellergebnissen für Luftschadstoffkonzentrationen verknüpft. Mit am Hereon entwickelten Modellen kann diese Exposition dynamisch berechnet werden. Dabei werden typische Bewegungsmuster wie Pendeln zur Arbeit und unterschiedliche Aufenthaltsorte (zu Hause, bei der Arbeit, im Verkehr, im Freien) berücksichtigt. Eine erhöhte Belastung im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz kann so mit einbezogen werden.

Gmos Train

Langlebige Schadstoffe wie PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) oder Quecksilber können in der Atmosphäre über große Distanzen transportiert werden und damit auch weit von den Quellen entfernte Gebiete wie die Polregionen erreichen. Die Simulation von Transport und Verbleib dieser Stoffe erfordert den Einsatz von globalen oder hemisphärischen Transportmodellen und die Berücksichtigung von Austauschprozessen zwischen den verschiedenen Komponenten des Erdsystems. Wir entwickeln das Modellsystem ICON (ICOsahedral Nonhydrostatic model, u.a. entwickelt und genutzt vom Deutschen Wetterdienst) weiter, um die Quellen und den atmosphärischen Transport von PFAS zu untersuchen. Zudem studieren wir Austauschprozesse von Quecksilberverbindungen zwischen Ozean und Atmosphäre in Kooperation mit dem Institut Küstensysteme – Analyse und Modellierung. Dafür engagieren wir uns in dem durch die EU geförderten Graduiertenprogramm Marie Curie-Sklodowska Innovative Training Network (ITN) GMOS-TRAIN, in dem eine Gruppe von 15 internationalen Doktorandinnen und Doktoranden in verschiedensten Aspekten der Quecksilberforschung ausgebildet werden.