Meer als Klimaschützer
Mit den richtigen Messungen das Meer verstehen: In dem Projekt Anthropogenic impacts on particulate organic carbon cycling in the North Sea (APOC) untersuchen Forschende die Funktion von organischem Kohlenstoff (POC) und die durch ihn gegebene Speicherkapazität von Kohlendioxid (CO2) in der Nordsee. Weniger POC heißt: Es wird weniger CO2 gespeichert. Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie diese Ökosystemleistung durch den Menschen beeinflusst wird.

Die Meere nehmen jährlich immense Mengen an CO2 auf. Grafik: Hereon/ Ha Thi Minh Hagemann
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2024 mit rund 2,65 Millionen Euro finanzierten Verbundprojekt APOC werden seit April dieses Jahres Erkenntnisse gewonnen, die letztlich auch das menschliche Überleben betreffen. „Mithilfe eines breiten Spektrums analytischer Verfahren werden wir bestimmen, wie sich Sedimentationsbedingungen, Herkunft und Reaktivität von organischem Kohlenstoff verhalten“, sagt Dr. Wenyan Zhang vom Hereon-Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung, der gemeinsam mit Prof. Sabine Kasten vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) das Projekt koordiniert. POC bezieht sich auf die Masse des Kohlenstoffs in organischer partikelförmiger Materie. Es ist in Meeren wie auch Schelfgewässern in teils zersetztem Detritus sowie Pflanzenmaterial und Pollen enthalten. Die Ozeane nehmen jährlich eine Menge an CO2 auf, die 40 Prozent des Ausstoßes seit der Industrialisierung entspricht. Phytoplankton produziert organischen Kohlenstoff, indem es gelösten anorganischen Kohlenstoff wie eben CO2 durch Photosynthese im sonnenbeschienenen Ozean aufnimmt. Als weitere Projektpartner sind das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, BUND und die Universität Hamburg beteiligt.
Daten, die Einordnung erlauben
„Welche physikalischen und biogeochemischen Prozesse die Mineralisierung und Ablagerung von POC steuern, und wie sie sich in den vergangenen 100 Jahren verändert haben und verändern wollen wir herausfinden“, sagt Wenyan Zhang. Er und seine Kolleginnen und Kollegen nutzen dafür das integrierte dreidimensionale Modellsystem GCOAST, dass am Hereon entwickelt wird. Das System funktioniert als Open Source, das heißt: Jedermann kann die Komponenten nutzen und weiterentwickeln.
Welche Rolle spielen die Umsatzprozesse im Nahrungsnetz der Nordsee für die Speicherung von POC? Wie verhält es sich mit den Wechselwirkungen zwischen POC und feinkörnigen lithogenen Partikeln im Meer, besonders im Hinblick auf die Ablagerung und Speicherung? Und inwieweit haben menschliche Aktivitäten die Speicherkapazität von POC in Sedimenten verändert? GCOAST soll genutzt werden, um den gegenwärtigen, vergangenen und zukünftigen Umsatz von POC zu simulieren. Und die vom Menschen verursachten Veränderungen etwa durch Klimawandel, bodenberührende Fischerei und Rohstoffförderung in der Nordsee zu deuten.
Das Ziel: Verstehen und verändern
Aus den Ergebnissen können Handlungsoptionen für Entscheiderinnen und Entscheider entwickelt werden. Nur wer versteht, was in der Nordsee passiert, kann bestimmte Entwicklungen aufhalten oder verzögern und die Speicherkapazität der Nordsee erhalten.
Der Wissenstransfer ist zentral für die Forschenden: „Die Konsequenzen des menschlichen Tuns aufzuzeigen und darüber zu informieren ist uns wichtig“, sagt Zhang. Erkenntnisse aus Datenanalyse und Modellsimulationen werden in die aktuelle Meerespolitik eingeordnet, um besagte Handlungsoptionen für relevante Gremien und Institutionen anzubieten. Darüber hinaus erfolgt eine umfangreiche Aufbereitung für die Öffentlichkeit.
Weitere Informationen
Kontakt
Wissenschaftler
Tel: +49 (0) 4152 87-1568
Institut für Küstensysteme - Analyse und Modellierung
Helmholtz-Zentrum Hereon
Pressereferent
Tel: +49 (0) 4152 87-1648
Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Hereon