Lüneburg wird Leichtbau-Hauptstadt
Wissenschaftler aus aller Welt tagen zum Thema leichte Fahrzeuge und Flugzeuge
Zum ersten Mal in Deutschland findet die internationale Leicht-Metall-Technologie-Konferenz (LMT) vom 19. bis 21. Juli in Lüneburg statt. Prof. Dr. Karl Ulrich Kainer, Leiter am Institut für Werkstoffforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und LMT-Organisator holte das hochkarätig besetze Wissenschaftlertreffen in die Hansestadt.

Eine neue Magnesium-Legierung entsteht. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht am Schmelzofen. Foto: HZG/ Christian Schmid
„Mit unserem Forschungsstandort Geesthacht belegen wir im Bereich Leichtbau mit Magnesium eine internationale Spitzenposition.“, erklärt Karl Ulrich Kainer. „Darum haben wir die weltweite Forscherelite aufgerufen zu uns nach Norddeutschland zu kommen. Zahlreiche Wissenschaftler aus Australien, Asien, Amerika und Europa sind dem Ruf gefolgt.“
Leichtere Autos und Flugzeuge zu bauen, daran arbeiten derzeit intensiv die Ingenieure der großen Automobil- und Flugzeugbauer. Denn jedes Kilo weniger senkt den Spritverbrauch und somit die CO2-Emissionen. Für die Einführung der Elektroautos spielt die Gewichtsfrage eine bedeutende Rolle: Durch die schweren Akkus sinkt die ohnehin niedrige Reichweite der Elektroflitzer noch mehr, also müssen die Fahrzeugbauer daran arbeiten, das Gewicht zu verringern. Unterstützung erhalten die Ingenieure von den Wissenschaftlern vom Institut für Werkstoffforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. Mehrere Institute erforschen neue metallische Legierungen aus Titan oder Magnesium sowie fortschrittliche Fügeverfahren und deren Anwendung in der Industrie.
Wissenschaftliche Expertise im MagIC

Mit der neuen Gießwalzanlage können die Geesthachter Wissenschaftler seit 2010 neue Magnesiumbleche herstellen und erforschen. Foto: HZG/ Christian Schmid
In der einzigartigen Forschungsplattform „Magnesium Innovations Centre –MagIC“ wird unter der Leitung von Prof. Dr. Karl Ulrich Kainer intensiv an den Magnesium-Technologien der Zukunft geforscht. Neue recycelfähige Legierungen entstehen dabei ebenso, wie optimierte Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren. Erst 2010 wurde für mehrere Millionen Euro eine neue Gießwalzanlage aufgebaut.
Mit der Anlage lassen sich Magnesiumbleche herstellen und erforschen, sodass der wirtschaftliche Einsatz näher rückt. Die Fertigungsprozesse werden beschleunigt und Magnesium muss den Vergleich mit dem zurzeit rentableren Aluminium nicht mehr scheuen. Der Vorteil von Magnesium: Es ist noch um ein Drittel leichter als Aluminium.
Spezialschweißen mit Laser und Reibung

Das Reibrührschweißen macht Flugzeuge leichter. Foto: HZG/ Christian Schmid
Für den Einsatz in Automobilen oder Flugzeugen müssen die Leichtbaulegierungen miteinander zu einer Struktur verbunden werden. Mehr als zwei Millionen Nieten halten heute ein Flugzeug zusammen. Ließen sich die Nieten ersetzen, gäbe es eine enorme Gewichtseinsparung.
Um zum Beispiel den Rumpf eines Flugzeugs zu fertigen, wird als Ersatz für die herkömmliche Technologie des Nietens immer häufiger Laserstrahlschweißen eingesetzt.
In Geesthacht verfügt der Institutsteil Werkstoffmechanik, geleitet von Prof. Norbert Huber, über ein Laserschweißportal mit dem bis zu neun Meter große Flugzeugteile verschweißt werden können.
Beim Friction Stir Welding oder Reibrührschweißen, einem im Vergleich zum Laserstrahlschweißen recht jungen Verfahren, wird ein rotierender Stift mit großer Kraft in die Nahtstelle zweier Bleche gedrückt und entlang der Fügelinie bewegt. Das Material wird durch die Reibung erwärmt und gleichzeitig durch die Rotation des Stiftes verrührt.
Dadurch verbinden sich die beiden Bleche. Schweißzusätze werden nicht benötigt, dadurch bleibt die Schweißnaht ‚schlank’ und das Flugzeugteil wird insgesamt leichter. Derzeit wird in Geesthacht das Reibrührschweißen für Flugzeug-Rumpfstrukturen im Auftrag für Airbus und Embraer erforscht.
Disziplinübergreifende Plattform ACE
Damit in Zukunft neue Leichtbauwerkstoffe und Materialsysteme noch intensiver erforscht werden können, befindet sich das „Lightweight Materials Assessment, Computing and Engineering Centre“ (ACE) im Aufbau. „Die besondere Stärke der Forschungsplattform ACE liegt in der Kombination aus Verarbeitungs-, Charakterisierungs- und Simulationsmethoden“ sagt Institutsleiter Prof. Dr. Norbert Huber. "Dies ist vergleichbar mit einem Orchester, bei dem über die Auswahl der Instrumente ganz verschiedene Arten von Musik gespielt werden können. Auf diese Weise gelingt es mit Hilfe von ACE mit vergleichsweise wenig Aufwand sowohl den Walzvorgang von Magnesium zu modellieren als auch das Rissausbreitungsverhalten in geschweißten Flugzeug-Rumfstrukturen zu bewerten." so Huber weiter.
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Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung
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