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Der Hereon-Molekülschneider: Alberto Tena

„Schon kleine Änderungen können wirkungsvoll sein"

Alberto Tena

Foto: Hereon/Christian Schmid, Illustration: Luca Candotti

Alberto Tenas Arbeitswelt ist die Molekularebene. Hier fühlt sich der junge Chemiker wohl.

Hier leistet er seit 2014 einen entscheidenden Beitrag für das Helmholtz-Zentrum Hereon (Hereon). Und zwar indem er maßgeschneiderte Polymere für komplexe Kunststoffmembranen herstellt. Ziel ist es, Stoffe voneinander zu trennen. Tenas Spezialgebiet: Polymere für die Gastrennung.

Derzeit könnte Alberto Tena zum Feiern zumute sein. Gemeinsam mit einem Kreis Kollegen hat der 32-Jährige vor wenigen Wochen sein erstes Patent eingereicht. Ein Grund, um stolz zu sein? „Ach, eigentlich nicht der Rede wert“, wehrt er die Frage mit einer leichten Bewegung der Hand ab. „Im Grunde ist es kaum anders, als eine wissenschaftliche Publikation.“ Eine kurze Gesprächspause, dann ergänzt er: „Ich bin sehr selbstkritisch. Um wirklich stolz auf mich zu sein, brauche ich noch ein bisschen Zeit.“

Regelmäßige Publikationen, eine lange Liste wissenschaftlicher Vorträge, die er auf nationalen und internationalen Konferenzen gehalten hat, und durch Stipendien finanzierte Forschungsaufenthalte schmücken seinen Lebenslauf. Unter anderem war Tena bei der „European Synchrotron Radiation Facility“, einer multinationalen Großforschungseinrichtung mit Sitz in Grenoble, Frankreich. Auch nach Texas, Bologna und Alicante hat ihn seine Leidenschaft für die Wissenschaft übergangsweise geführt.

Seine jetzige Station Geesthacht. Hier arbeitet der junge Wissenschaftler in der Abteilung Polymersynthese, am Institut für Polymerforschung. „Ich hatte auch das Angebot, in die USA oder nach England zu gehen“, bemerkt er.

„Ich habe mich aber für das Hereon entschieden, da es international sehr angesehen für seine Membranforschung ist. Spannend finde ich auch, dass das Institut für Polymerforschung die gesamte Herstellungskette abdeckt – von der Grundlagenforschung bis zum Prototypenbau.“

Über den Forschungsstandort Geesthacht hat Tena durch wissenschaftliche Hereon-Publikationen erfahren. „Der Forscherkreis, der sich mit der Membranherstellung beschäftigt, ist überschaubar. Da weiß jeder, woran der andere arbeitet.“

Das gilt auch für die andere Seite, die über Alberto Tena und seinen wissenschaftlichen Hintergrund im Bilde war. „Das Hereon wollte mich, weil ich mich mit Polyimiden beschäftige.“ Dabei handelt es sich um spezielle Kunststoffe, die sich besonders für Gastrennungsprozesse eignen. Eigenschaften, die Alberto Tena auch für das eingereichte Patent dienlich waren. In diesem Fall griff der junge Chemiker auf Polyimide zurück, die durch eine zusätzliche Temperaturbehandlung in der Lage sind, eine ganz neue Verbindung einzugehen: Polybenzoaxzol. Es ist ideal für eine Vielzahl von zu trennenden Gasen, aber erläutert Tena: „Dafür wird die Membran spröde und bricht leicht. Außerdem sind sehr hohe Temperaturen notwendig.“

Ziel der Hereon-Wissenschaftler war deshalb, die Temperatur zu senken und trotzdem die hervorragenden Trenneigenschaften beizubehalten oder zu verbessern. Tena und seine Kollegen nahmen die Herausforderung an: Veränderten die chemische Struktur, experimentierten mit verschiedenen Temperaturen, justierten Herstellungsparameter. Das Erstaunliche:

„Schon beim zweiten Versuch waren unsere Resultate richtig gut.“

Bis zum Durchbruch dauere es aber noch, bleibt Tena Realist. „Jetzt geht es darum, die Prozesse zu verstehen und weiter zu verbessern.“

Mit seinem Leben in Geesthacht ist der Spanier zufrieden. Die Kollegen seien freundlich und er lerne viel. Auch ansonsten hätten die Deutschen ihn herzlich empfangen. „Ich habe auch immer ein bisschen das Gefühl, dass sie mit mir als Spanier ihren Urlaub, Sonne und Spaß verbinden. Ich habe hier auch eine wirklich nette Gruppe von jungen Leuten gefunden“, ergänzt er. Sie kommen alle aus unterschiedlichen Ländern und sind am Hereon als Doktoranden oder Postdocs beschäftigt. Am Wochenende treffen sie sich für verschiedene Unternehmungen. Sie gehen Essen, machen Tagesausflüge, tauchen in das Hamburger Nachtleben ein, schauen gemeinsam Filme an, machen Städtereisen – die Liste ist lang. „Ich langweile mich nicht“, so Tena.

Doch einen Wehrmutstropfen in seinem Leben gibt es. „Meine Partnerin arbeitet als Postdoc in Madrid“. Wenn es die Zeit erlaubt, setzt sich der 32-Jährige in den Flieger und fliegt hin, so circa alle zwei Monate. Kennen gelernt haben sie sich während der Schulzeit. „Wir waren in der gleichen Gruppe.“ Bis es Klick gemacht hat, hat es aber eine Weile gedauert. „Im Job kann ich sehr gut und schnell Entscheidungen treffen, im Privaten brauche ich manchmal etwas länger“, sagt er, während er sich nachdenklich über den Dreitagebart streicht. „Ich bin wohl mehr ein Kopfmensch.“

„Natürlich wäre es schön, wenn meine Lebenspartnerin und ich in der gleichen Stadt leben würden.“ Langfristig träumt der junge Spanier von einer Familie und einem kleinen Haus. „Die sind in Spanien unbezahlbar.“ Beruflich strebt er künftig mehr Verantwortung an. Vielleicht irgendwann in der Form einer eigenen Forschungsgruppe. „Sich selbst dort beweisen, ja, ich glaube, das würde mich stolz machen“, sagt Tena. Bis dahin wird er das eine oder andere Molekülgewand geschneidert haben.


Autorin: Vanessa Barth
Porträt aus der in2science #2 (Juli 2015)