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Stellungnahme: PR & Wissenschaft

Katharina Horstmannshoff im Gespräch mit Dr. Simone Rödder

Die Wissenschaftskommunikation in Deutschland muss besser werden – das fordern die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. Im Juni 2014 haben die Akademien eine gemeinsame Stellungnahme „Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien“ veröffentlicht.

Frau Rödder, Ihre Expertise ist in die Stellungnahme eingeflossen. Was sagen Sie zur endgültigen Fassung?

Dr Simone Roedder

Dr. Simone Rödder vom
Klimacampus Hamburg. Foto: Hereon/ Christian Schmid

Den Vorschlag, die Wissenschaftskommunikation in den Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis zu verankern, finde ich sehr gut. Die Aussage, dass auch die Wissenschaftskommunikation zu dieser wissenschaftlichen Praxis dazugehört, ist ein wichtiges Signal.

Ist es notwendig, Wissenschaftler darauf hinzuweisen, in der Kommunikation mit den Medien nach den Standards der guten wissenschaftlichen Praxis zu handeln?

Wissenschaftler, die das erste Mal Kontakt mit Medien haben, sind häufig nicht gut vorbereitet. Beim Umgang mit der Presse ist es wichtig, Übertreibungen zu vermeiden. Wichtig ist auch, die Unsicherheiten und Probleme der eigenen Arbeit nicht zu verschweigen. Sonst kann es zu ungewollten Falschmeldungen und Medien-Hypes kommen.

Die Akademien empfehlen, Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis in der Kommunikation mit den Medien zu sanktionieren. Was halten Sie davon?

Ich halte das für schwierig, weil Zurechnungsprobleme auftreten. Auch das Verschweigen von Unsicherheiten und Gegenevidenzen würde einen Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis darstellen. Und da frage ich mich, wie man hinterher auseinanderhalten will, ob ein Wissenschaftler etwas nicht gesagt hat oder ob der Journalist das nur nicht geschrieben hat.

Gerade die Klimaforschung ist in letzter Zeit häufig in die Kritik geraten.

Die Klimaforschung betrifft dieses Thema natürlich sehr stark. Aufgrund des hohen politischen und medienöffentlichen Interesses ist der Spielraum für verschiedene innerwissenschaftliche Positionen kleiner, als es einer Fachdebatte gut tut. Über lange Zeit wurde in der öffentlichen Kommunikation ein Konsens dargestellt, den es innerhalb des Faches eigentlich gar nicht gibt. Kontroversen über abweichende Daten oder rrtümer, die es in der Forschung immer gibt, wurden nicht nach außen kommuniziert. Die Ideologisierung – auch in der Wissenschaft – ist als Reaktion auf die Klimawandel-Skeptiker zu sehen. Die Glaubwürdigkeit der Klimaforschung hat darunter gelitten.

Die internen Bewertungskriterien für Wissenschaftler sollen überarbeitet werden. Warum?

So wie die Anreize jetzt gesetzt sind, wird sehr viel und sehr schnell publiziert. Eben auch sehr kleinteilig, damit es viele Publikationen werden. Zum Teil auch mehrfach, in wenig veränderter Form. Und das ist ein Ärgernis für den Leser und eine Überlastung des Kommunikationssystems. Also wenn sie mich jetzt fragen, was ist die Idee, dann würde ich sagen, dass man das ganze System entschleunigt, indem man die Anreize nicht mehr
so setzt, dass die Leute viel publizieren müssen. Im Endeffekt muss man Fachkollegen beurteilen lassen, wie gut die wissenschaftliche Leistung des Einzelnen ist. Die Anzahl der Publikationen darf nicht das entscheidende Kriterium sein.

Katharina Horstmannshoff

Katharina Horstmannshoff. Foto: Hereon/ Christian Schmid

Die Autoren der Stellungnahme diskutieren ein anderes Bewertungskriterium: Den sogenannten "Indikator Medienaufmerksamkeit". Was halten Sie davon?

Ich halte das für eine völlig falsche Anreizsetzung für Wissenschaftler. Man kann die Medienpräsenz eines Sinologen nicht mit der eines Prof. Dr. Hans von Storch vergleichen. Das würde zu extrem merkwürdigen Entwicklungen führen. Es wäre ein Anreiz für Wissenschaftler, Forschungsthemen auszuwählen, über die Medien berichten können und schwer vermittelbare Forschung zu vernachlässigen – aus Sicht der Wissenschaft ein Autonomieverlust.

Braucht es somit gar kein Anreizsystem für ein stärkeres Engagement der Wissenschaftler in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit?

Aus Sicht der Öffentlichkeit und auch der Pressestellen ist es natürlich von Vorteil, wenn die Wissenschaftler für solch ein Engagement motiviert sind. Gerade bei Veranstaltungen außerhalb der Massenmedien, für Kinder und bei Tagen der offenen Tür, engagieren sich viele. Weil es ihnen Spaß macht. Ich fi nde, dass Preise – durchaus Preise, die mit ernsthaften Geldsummen dotiert sind – eine gute Möglichkeit wären, Engagierte zu belohnen und Passive zu motivieren.

PDF "Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und den Medien" (2014) (890 KB)


Das Interview führte Katharina Horstmannshoff.
Erschienen in der in2science #1 (Dezember 2014)