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EU-Projekt EASI-STRESS nimmt Fahrt auf

Forschende aus ganz Europa arbeiten an neuen Messstandards für Eigenspannungen

Seit Anfang 2021 arbeitet das Helmholtz-Zentrum Hereon im EU-Projekt EASI-STRESS mit Partnern aus Industrie, Wissenschaft und Forschungs- und Technologieorganisationen zusammen. Ziel dessen ist es, das Messen von Eigenspannungen europaweit zu vereinheitlichen. Das Projekt startet nun in die entscheidende Phase: Nach monatelanger Vorbereitung untersuchen die Wissenschaftler die ersten Proben beim Institut Laue-Langevin und der europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF (beide Grenoble), an den Instrumenten des Helmholtz-Zentrums Hereon am DESY (Hamburg) und am Budapest Neutron Center BNC (Budapest).

Elektronenspeicherring

Hier gut zu sehen ist der Elektronenspeicherring des ESRF in Grenoble, eines der leistungsfähigsten Synchrotrons in Europa. Foto: ESRF

Es gibt seit jeher verschiedene Möglichkeiten, Metalle zu bearbeiten. Sie können zum Beispiel geschmiedet, geschweißt, gegossen oder auch additiv gefertigt werden. Dabei werden stets Eigenspannungen im Material erzeugt. Diese können bei Ermüdungsprozessen zu katastrophalen Ausfällen führen. Deshalb sind sie von zentraler Bedeutung in allen Industriezweigen, wo Metalle verwendet werden. Das gilt etwa für den Transport- und Energiesektor. Untersucht werden solche Eigenspannungen mit verschiedenen Methoden. Dazu gehören Neutronen und Synchrotron-Röntgenstrahlen. Sie dringen in Metalle und Legierungen ein und ermöglichen eine zerstörungsfreie Bestimmung von Eigenspannungen.

Unzureichende Vergleichbarkeit

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Im EU-Projekt EASI-STRESS sollen Charakterisierungen zur Eigenspannung von Materialien vereinheitlicht und optimiert werden. Grafik: EASI-STRESS

In der Vergangenheit hatten Hersteller in der Industrie Schwierigkeiten, die auf Synchrotron-Röntgen- und Neutronenbeugung basierenden Instrumente zur Charakterisierung von Eigenspannungen zu nutzen. Der Grund: Die Vergleichbarkeit der Daten war unzureichend und es mangelte an harmonisierten Protokollen. Das machte es schwierig, die Reproduzierbarkeit und Rückverfolgung der Messungen zu bestätigen. „Wir wollen diese Hürden für die Industrie senken, indem wir europaweite Standards und Betriebsverfahren einführen und Datenformate harmonisieren“, sagt Projektkoordinator Dr. Nikolaj Zangenberg.

Die Beteiligten im EASI-STRESS-Projekt möchten Unternehmen unterstützten, ihre Materialien bestmöglich zu analysieren und zu verbessern. Mithilfe der Messungen kann die Industrie Spannungen in Materialien kontrollieren und dadurch die Konstruktion von Bauteilen optimieren. Nachhaltig ist das ebenfalls: Wer sein Material gut kennt, kann den Materialverbrauch verringern oder die Zeit für die Markteinführung verkürzen – wenn neue Materialien oder Prozesse schneller qualifiziert werden.

Erste Experimente gestartet

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Im November werden die Projektpartner Experimente von Eigenspannungsmessungen an neu entwickelten Ringversuchsproben vornehmen. Die Proben werden mit verschiedenen Neutronen- und Synchrotron-Instrumenten sowie mit einschlägigen standardisierten Labortechniken gemessen. Anschließend werden die Ergebnisse mit Modellierungsdaten verglichen. Die Proben sind so konzipiert, dass sie verschiedene industrielle Prozesse nachbilden, die in einer späteren Phase des Projekts anhand von Fallstudien untersucht werden sollen. Diese sind von den Industriepartnern festgelegt und erfolgen an realen industriellen Bauteilen.

Die Ziele von EASI-STRESS


  • Verbesserung der Instrumente zur Charakterisierung von Eigenspannungen, die auf Synchrotron-Röntgenstrahlung und Neutronenstrahlung basieren, für die Bedürfnisse der industriellen Nutzung
  • Entwicklung von europaweiten Charakterisierungsstandards, Protokollen, Software und Datenaustauschformaten, um die industrielle Nutzung der Charakterisierungswerkzeuge zu erleichtern, z.B. durch Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit
  • Stärkung der industriellen Nutzung der Charakterisierungswerkzeuge in Europa durch offenen Zugang zu Daten und Protokollen, Entwicklung eines offenen Innovationsprüfstandes und Aktivitäten zur Zusammenarbeit, Synergien und Normung
  • Sicherung eines Wettbewerbsvorteils in europäischen Industriesektoren durch optimiertes Komponentendesign, geringeren Materialeinsatz durch reduzierte Sicherheitsfaktoren (Materialeinsparungen von ca. 15 %) und eine geschätzte Kostensenkung von 5 % in einem 350-Milliarden-Euro-Markt durch verkürzte Markteinführungszeit und erhöhte Lebensdauer

Das EASI-STRESS-Konsortium


  • Forschungsinfrastrukturen Institut Laue-Langevin (FR, GER, UK), European Synchrotron Radiation Facility (FR), Helmholtz-Zentrum Hereon (GER), Centre for Energy Research (HU)
  • Universitäten und Forschungs- und Technologieorganisationen Danish Technological Institute (DK), University of Manchester (UK), CETIM (FR)
  • Industrie Siemens Gamesa (DK), Rolls Royce PLC (UK), OHB Systems AG (GER), Volume-e (FR), Arcelor Mittal (ESP), Nemak (AU), EDF (FR)
  • Weitere Dansk Standard (DK)

Weitere Informationen


Kontakt


Dr. Marc Thiry Kommunikationsverantwortlicher

Helmholtz-Zentrum Hereon

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Dr. Nikolaj Zangenberg Projektkoordinator

Direktor Big Science Center - Danish Technological Institute

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