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Die Bedeutung von Schlick

Küstenozeane als natürliche Senke für CO2

Wie bindet, zirkuliert und speichert die Nordsee Kohlenstoffdioxid (CO2) in Form von partikulärem organischem Material am Meeresboden und wie wirken sich menschliche Aktivitäten und der Klimawandel auf diese Ökosystemleistung aus? Diesen Fragen gehen Forschende in den kommenden drei Jahren im vom BMBF geförderten Projekt APOC nach.

Forschende auf dem Weg durchs Watt vor List, Sylt.

Forschende auf dem Weg durchs Watt vor List, Sylt. Foto: Melanie Steur-Fiener

Der feinkörnige schlammige Meeresboden ist eine eher unspektakuläre Küstenumgebung, aber sein hoher Gehalt an partikulärem organischem Kohlenstoff (POC) macht ihn zu einer wichtigen Senke für Kohlenstoff/CO2und damit zu einem unserer größten Verbündeten in der Klimakrise. Im Projekt „Anthropogenic impacts on particulate organic carbon cycling in the North Sea" (APOC) untersuchen Forschende anhand von Sedimentkernanalysen, Resuspensionsexperimenten und numerischen Simulationen, wie schlammige Sedimente und POC transportiert, zirkuliert und schließlich am Boden der Nordsee abgelagert werden. „Eine Schlüsselfrage in diesem Zusammenhang ist, wie sich diese Ökosystemleistung in Zukunft infolge der vorhergesagten beschleunigten Umweltveränderungen, des Meeresspiegelanstiegs sowie menschlicher Aktivitäten verändern wird – einschließlich Grundschleppnetzfischerei, Rohstoffgewinnung/Sedimentmanagement und dem Bau von Offshore-Windparks“, sagt Prof. Dr. Sabine Kasten, Sediment-Geochemikerin am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven.

Kastengreifer

Ein Kastengreifer beprobt Sedimente und Lebewesen am Meeresboden. Foto: Heiner Mueller-Elsner

Das dreijährige Verbundprojekt startete im April dieses Jahres und wird mit 2,65 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des MARE:N-Programms „Ozeane unter Stress“ gefördert. Es bündelt die Expertise von vier Institutionen und einer Nichtregierungsorganisation - dem Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung AWI, dem Helmholtz-Zentrum Hereon, dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, der Universität Hamburg und dem BUND-Meeresschutzbüro. Das Projekt wird koordiniert von Prof. Dr. Sabine Kasten (AWI) und Dr. Wenyan Zhang (Hereon).

Schlüsselthemen

Schematische Darstellung der Schlüsselthemen im Projekt APOC

Die Schlüsselthemen des BMBF-geförderten Projekts APOC: Anthropogene Einflüsse auf den Kreislauf des partikulären organischen Kohlenstoffs (POC) in der Nordsee. Grafik: Hereon/Ha Hagemann

Das AWI konzentriert sich auf die Untersuchung des Transports, der Resuspension und Ablagerung von feinkörnigen Sedimenten sowie der Mineralisierung von partikulärem organischem Kohlenstoff, die mit der CO2-Freisetzung im so genannten Helgoländer Schlickgebiet einhergeht, dem größten Ablagerungszentrum für feinkörnige Sedimente in der südlichen Nordsee. Eines der Hauptziele ist es, zu beurteilen, wie sich die Kohlenstoffspeicherung im vergangenen Jahrhundert als Folge von Umwelt- und Klimaveränderungen und menschlichen Aktivitäten verändert hat.

Das GEOMAR untersucht das Skagerrak, das insgesamt größte Ablagerungszentrum in der Nordsee. Der größte Teil der organischen Substanz, die nicht von Mikroben abgebaut wird, wird schließlich in das Skagerrak transportiert, wo sie in feinkörnigen Sedimenten vergraben/eingebettet wird. Das GEOMAR rekonstruiert die Entwicklung der organischen Substanz und der Sedimentablagerung in diesem Gebiet in den letzten 100 Jahren. Die daraus resultierenden Zeitreihen werden genutzt, um zu verstehen, wie menschliche Aktivitäten den Umsatz von organischen Substanzen und Sedimenten in der Nordsee beeinflusst haben.

Das Hereon entwickelt ein integriertes dreidimensionales Modellierungssystem namens GCOAST, das als Open Source verfügbar ist, und wendet es an. Es quantifiziert die physikalischen und biogeochemischen Prozesse, die die Mineralisierung und Ablagerung von POC in Sedimenten steuern, und dient dazu herauszufinden, wie sich diese Prozesse in den letzten 100 Jahren verändert haben und gegenwärtig verändern, und modelliert außerdem mögliche Veränderungen in den kommenden Jahrzehnten. Die Modellierungsarbeiten werden mit Felduntersuchungen kombiniert, um die Frage zu beantworten, inwieweit menschliche Aktivitäten (Grundschleppnetzfischerei, Rohstoffgewinnung / Sedimentmanagement und Flussaufstauung) zusammen mit dem Klimawandel die Speicherkapazität von POC in Sedimenten verändert haben und wahrscheinlich verändern werden.

Die Universität Hamburg quantifiziert lebende und nicht lebende organische Kohlenstoffpools und erstellt Szenarien für die mögliche zukünftige Verteilung von Kohlenstoff in diesen Pools in der Nordsee.

Das BUND-Meeresschutzbüro des Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V. setzt wissenschaftliche Ergebnisse in fundierte politische Empfehlungen für ein nachhaltiges Management der Nordsee auf nationaler, regionaler und EU-Ebene um. Das Wissen um die Wirkungen der anthropogenen Aktivitäten auf den Klimawandel und die möglichen Handlungsempfehlungen soll darüber hinaus an die Öffentlichkeit vermittelt werden.

Handlungsoptionen aufzeigen

Krabbenkutter beim Fischen

Ein Krabbenkutter fischt in der Nordsee. Foto: Sina Loeschke

Die Ergebnisse des Projekts APOC werden für einen koordinierten Dialog mit Interessenvertretungen und zur Formulierung von Empfehlungen für politische Entscheidungstragende genutzt. Der Wissenstransfer steht im Mittelpunkt der Arbeit der Forschenden. „Es ist wichtig, über die Folgen menschlichen Handelns zu informieren", sagt Wenyan Zhang. Diese wiederum werden dann an regionale, nationale und EU-Gremien weitergegeben. Schließlich wird das Projektteam die Forschungsergebnisse in den Kontext der aktuellen Meerespolitik stellen und den zuständigen Stellen Vorschläge für Handlungsoptionen aufzeigen sowie die Ergebnisse umfassend für die Öffentlichkeit aufbereiten.

Kontakt


Dr. Wenyan Zhang
Dr. Wenyan Zhang Abteilungsleiter Sedimenttransport und Morphodynamik

Tel: +49 (0)4152 87-1568

E-Mail Kontakt
Website

Institut für Küstensysteme - Analyse und Modellierung
Helmholtz-Zentrum Hereon