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Die Ostsee-Sturmflut vom 13. November 1872

Auf der Webseite www.kuestenschutzbedarf.de zeigt das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht jetzt, welche Gebiete an der deutschen Ostseeküste heute vor Sturmfluten geschützt werden und welche Ende des Jahrhunderts vor möglicherweise höheren Sturmfluten geschützt werden müssten.

Auf der Webseite www.kuestenschutzbedarf.de zeigt das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht jetzt, welche Gebiete an der deutschen Ostseeküste heute vor Sturmfluten geschützt werden und welche Ende des Jahrhunderts vor möglicherweise höheren Sturmfluten geschützt werden müssten.

Bewohner, die heute an der deutschen Ostseeküste leben, haben noch nie solch eine schwere Sturmflut erlebt wie ihre Vorfahren vor 140 Jahren am 12. / 13. November 1872. – Glücklicherweise, denn heute ist das etwa 1700 Quadratkilometer große Gebiet an der Ostseeküste, das vor solch hohen Wasserständen geschützt werden muss, mit rund 1,7 Millionen Einwohnern viel dichter besiedelt und stärker genutzt als damals.

Auch in Zeiten des Klimawandels ist es jedoch unerlässlich, dass Bewohner, Investoren und Politiker ein realistisches Gefahrenbewusstsein bezüglich Sturmfluten haben. Denn bis Ende des Jahrhunderts könnte eine Sturmflut, wie die vom 13. November 1872 vor allem durch den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg höher auflaufen. So könnte der Küstenschutzbedarf an der deutschen Ostseeküste bis Ende des Jahrhunderts um etwa 25 Prozent zunehmen. Auf einer Webseite zeigt das Norddeutsche Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht jetzt, welche Gebiete an der deutschen Ostseeküste heute vor Sturmfluten geschützt werden und welche Ende des Jahrhunderts vor möglicherweise höheren Sturmfluten geschützt werden müssten: www.kuestenschutzbedarf.de

Ostseesturmfluten sind normale Naturereignisse

Ostseesturmflut

In der Nacht vom 12. auf den 13. November 1872 hat eine schwere Sturmflut an der Ostsseeküste große Schäden angerichtet. Das Bild zeigt Haffkrug (Ostholstein) während der Sturmflut (nach Iluustr. Zeitung Leipzig 1872, S. 477)

Am 13. November 2012 jährt sich zum hundertvierzigsten Mal ein Naturereignis, das als schwerste Hochwasserkatastrophe der westlichen Ostsee gilt. Die Ostseesturmflut vom 12./13. November 1872 brachte mindestens 270 Menschen an der deutschen Ostseeküste den Tod. Mehrere tausend Bewohner wurden obdachlos und verloren alles was sie besaßen. Es wurden zahlreiche ertrunkene Nutztiere und große Schäden in der Frachtschifffahrt und Fischerei beklagt.

Heute lebt niemand mehr unter uns, der eine Ostseesturmflut solchen Ausmaßes erlebt hat, denn die Wasserstände vom November 1872 wurden seit dem nicht mehr überschritten. Trotzdem sind Ostseesturmfluten ganz normale Naturereignisse, die durch die klimatischen und naturräumlichen Gegebenheiten der Ostsee entstehen und jederzeit wiederkehren können. Auch die Wetterlage vom 1. bis zum 13. November 1872, die die zerstörerische Ostseesturmflut hervorbrachte, war kein einmaliges Ereignis, sondern kann sich in jeder Sturmsaison wiederholen.

Heute wäre eine Sturmflut dieses Ausmaßes möglicherweise noch um ein vielfaches bedrohlicher. Denn das Ausmaß von Sturmflutschäden richtet sich neben den sturmfluteigenen Merkmalen, wie Wasserstand, Wellenhöhe und Verweilzeit, nach der jeweiligen Bevölkerungsdichte und dem vorherrschenden wirtschaftlichen Status der Küstenbevölkerung. Mit zunehmender Verwundbarkeit steigt sowohl die Bedeutung verlässlicher Warndienste als auch die Bedeutung des Küstenschutzes. Aber auch die Risikowahrnehmung der Bevölkerung muss gestärkt werden, vor allem wenn persönliche Erfahrungen fehlen. Die neue Webseite leistet hierzu einen Beitrag: Unter Angabe ihrer Postleitzahl können Bewohner der Ostseeküste nun unter www.kuestenschutzbedarf.de erfahren, ob auch in ihrem Wohnort derzeit Küstenschutzbedarf besteht oder ob dies künftig der Fall sein könnte.

Durch den Klimawandel kann der Küstenschutzbedarf an der deutschen Ostseeküste bis 2100 um etwa 25 Prozent zunehmen

Screenshot der Webseite "Küstenschutzbedarf.de" am Beispiel Rostock.

Screenshot der Webseite "Küstenschutzbedarf.de" am Beispiel Rostock. Grün dargestellt sind die bereits heute durch Küstenschutz geschützen Gebiete

Obwohl die damaligen Wasserstände der Ostseesturmflut von 1872 bisher nicht wieder erreicht worden sind, kann solch eine schwere Sturmflut jederzeit wieder auftreten. Deshalb dient diese Sturmflut als Basis zur Abschätzung des heutigen Küstenschutzbedarfes auf unserer Webseite.

In Zeiten des Klimawandels ist es besonders wichtig, das Bewusstsein an Ostseesturmfluten wach zu halten. Denn mit dem Klimawandel kann sich auch der Küstenschutzbedarf an der Ostseeküste verändern, so dass künftig möglicherweise auch private Vorsorge wichtiger werden kann. Die Webseite www.kuestenschutzbedarf.de ist in diesem Zusammenhang ein Beitrag für praktisch anwendbares Wissen. Politiker, Planer und Bewohner können leicht erkennen, wo es künftig möglicherweise zusätzlichen Küstenschutzbedarf geben kann. Unter der Annahme, dass der Meeresspiegelanstieg an der deutschen Ostseeküste auch weiterhin etwa dem globalen mittleren Durchschnitt entspricht, könnte auch das Ausgangsniveau für Ostseesturmfluten bis 2100 um weitere 20 bis 80 Zentimeter angehoben werden.

Ob maximale Sturmflutwasserstände in der Ostsee auch windbedingt künftig höher auflaufen können, ist derzeit Gegenstand der Forschung. Bisherige Studien weisen aber darauf hin, dass der Einfluss des Meeresspiegelanstiegs auch künftig am größten sein könnte. Der Abschätzung des möglichen zukünftigen Küstenschutzbedarfes liegen daher jeweils 80 cm höhere Wasserstände zu Grunde als die der Ostseesturmflut von 1872. Diese Abschätzung ergibt sich aus einem maximalen Meeresspiegelanstieg von 80 Zentimeter, der bis 2100 an der deutschen Ostseeküste erreicht werden könnte. Somit könnte sich das vor Sturmfluten zu schützende Gebiet an der deutschen Ostseeküste um etwa 25 Prozent vergrößern.

Hundertprozentigen Schutz vor Sturmfluten wird es durch Küstenschutz allein nie geben. Deshalb sind funktionierende Warndienste, die zuverlässige Sturm- und Wasserstandswarnungen herausgeben, auch künftig genauso unerlässlich wie die Mitwirkung der Küstenbewohner durch private Schutzmaßnahmen.

Datengrundlage

Die Wasserstandsdaten der Ostseesturmflut 1872 wurden vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zur Verfügung gestellt. Hierbei handelt es ich um Modelldaten, die nicht vollständig die Realität abbilden können (vgl. Bork, I. und S. H. Müller-Navarra, 2009).

Der Auswertung zum Küstenschutzbedarf liegt das Digitale Geländemodell 25m (DGM25) vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) zugrunde. Die vertikale räumliche Auflösung beträgt 0,1 Meter bei einer Genauigkeit von ±1 m bis ±3 Meter. Datenlücken und Lücken durch unterschiedliche Messmethoden werden im DGM25 interpoliert. Dies kann zu Ungenauigkeiten in der Auswertung zum Küstenschutzbedarf führen.

Ein Beispiel hierfür ist die Altstadt von Lübeck, die in unserer Auswertung fälschlicherweise nicht als Gebiet mit Küstenschutzbedarf gekennzeichnet ist. Unsere Webseite kann daher nur als erster Hinweis zum Küstenschutzbedarf dienen. Für genauere Informationen wenden Sie sich bitte an die zuständigen Landesämter in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Weitere Informationen


Zur Seite www.Küstenschutzbedarf.de Zum Norddeutschen Klimabüro am Helmholtz-Zentrum Geesthacht

Warndienste


Warndienst des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie Warndienst des Deutschen Wetterdienstes

Küstenschutz


Informationen zum Küstenschutz des Landes Schleswig-Holstein Informationen zum Küstenschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern

Kontakt


Dr. Insa Meinke

Tel: 04152 87-1868

E-Mail Kontakt